Die Ökologisch Demokratische Partei (ÖDP) wird mit zwei Klagen erneut vor das Bundesverfassungsgericht in Karlruhe ziehen. (Die Wuppertaler Klage steht hier:
http://sites.google.com/site/euradevormwald)
Durch den Vertrag von Lissabon soll die EU grundlegend reformiert werden. Die Folgen werden wir täglich
auf Schritt und Tritt spüren. In der vergangenen Woche hat in Berlin der Bundesrat die sog. Begleitgesetze" dazu beschlossen. Damit hat Deutschland, wenn der Bundespräsident Horst Köhler unterschreibt, endgültig dem Vertrag von Lissabon zugestimmt.
Jetzt kommt es nur noch auf die Abstimmung in Irland und die Präsidenten von Polen und Tschechien an. Über diese Reform der EU und über unseren Klagen dagegen hört man in der Presse Widersprüchliches. Deshalb berichtet der ÖDP- Vorsitzende, der Atomphysiker Dr. Klaus Buchner aus München darüber.
Der Vertrag von Lissabon sei nur eine kaum veränderte Version des EU-Verfassungsvertrages, der von Frankreich und den Niederlanden in Volksabstimmungen abgelehnt wurde. Die Kritikpunkte blieben unverändert: "Durch den Vertrag von Lissabon wird unsere Demokratie in großen Teilen abgeschafft. Denn heute sind rund 80% aller neuen Gesetze in Deutschland nur Umsetzungen von Vorgaben der EU in nationales Recht."
Diese Vorgaben entstünden aber auf eine sehr undemokratische Weise, stellt Dr. Buchner fest: "Das alleinige Recht, Gesetzesentwürfe zu formulieren, hat die EU-Kommission, die nicht demokratisch ausgewählt ist. Es sind die Regierungen der Mitgliedstaaten, die sie zusammen mit den Wirtschaftsverbänden bestimmen. Das EU-Parlament hat nur die Möglichkeit, alle Kommissare zusammen anzunehmen oder abzulehnen. Letzteres ist noch nie passiert."
An den Gesetzesentwürfen arbeiteten auch Wirtschaftsverbände mit, die von der Kommission willkürlich ausgewählt würden. Mit Demokratie habe das nicht mehr viel zu tun, wenn sich die betroffenen Verbände ihre eigenen Gesetze schrieben.
Schlimmer sei, dass der Vertrag von Lissabon ausdrücklich Angriffskriege erlaube, z.B. "zur Wahrung der Werte der Union und im Dienste ihrer Interessen" (Art. 42 Abs. 5 EUV). Um "einen Aufruhr oder Aufstand rechtmäßig niederzuschlagen", seien "Tötungen" erlaubt (Art. 2 EMRK). "Ab welchem Punkt ist eine friedliche Demonstration ein Aufruhr?", fragt Dr. Buchner.
Über diese Bestimmungen des Vertrags wurde in den Medien nicht berichtet, stellen die ÖDP- Politiker besorgt fest. Nicht einmal in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht durften wir darüber sprechen, so Dr Buchner.
Aber auch wegen der Einschränkungen im sozialen Bereich habe die ödp vor der Entscheidung im Juni 09 beim Bundesverfassungsgericht drei Klagen gegen diesen Vertrag eingereicht. Dabei wurden die ÖDP- Mitglieder von den Beamten in Karlsruhe mit den Worten freudig empfangen: "Wir sind froh, dass Sie diese Klagen einreichen. Sonst wären wir künftig überflüssig." Außer der ödp klagten noch Dr. Gauweiler von der CSU, die Linkspartei, eine Gruppe um Graf Stauffenberg und einige wenige Einzelpersonen. Das Gericht habe uns in seinem Urteil vom 30. Juni teilweise Recht gegeben. Es habe aber nicht den Vertrag selbst beanstandet, sondern nur die sog. "Begleitgesetze", die Regeln, wie die Bundesregierung damit umgehen muss. Der wichtigste Punkt sei, dass in vielen Fällen der Bundestag beschließen kann, wie der zuständige deutsche Minister in Brüssel stimmen muss.
Die ÖDP sah ihre letzte Chance für eine Verbesserung der Situation darin, gegen die Neufassung der Begleitgesetze zu klagen und so das In-Kraft-Treten des Vertrags von Lissabon zu verhindern. Ihre Hoffnung setzten die ÖDP- Politiker auf eine Passage in einem dieser Gesetze, die dem Anschein nach im offenen Widerspruch zu den Vorgaben aus Karlsruhe steht ("Parlamentsvorbehalt bei Bundeswehreinsätzen").
Inzwischen hatte Prof. Schachtschneider, ein sehr bekannten Verfassungsrechtler, angeboten für die ödp zu arbeiten. Er wies aber darauf hin, dass der Gesetzestext an dieser Stelle undeutlich und missverständlich, aber sachlich korrekt sei. Deshalb riet er uns von einer Klage ab. Trotzdem klagen aber zwei ÖDP- Mitglieder wieder beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.
Herr Striedl (Regensburg) vom Bundesvorstand wird für die ödp gegen die mangelhafte Umsetzung des Karlsruher Richterspruchs klagen, ebenso wie Frau Hassel-Reusing (Wuppertal) und die Gruppe um Graf Stauffenberg.
"Unsere Demokratie ist zu wichtig, als dass wir sie den Interessen der Konzerne und Lobbyverbände opfern dürften. Wir sind begeisterte Europäer. Gerade deshalb setzen wir uns für eine demokratische, soziale und friedliche EU ein. Damit stellen wir uns in einen scharfen Gegensatz zur Union, FDP, SPD, dem Vertreter der Piratenpartei und den Grünen, die im Bundestag wiederholt für den Vertrag von Lissabon gestimmt haben. Bitte geben Sie bei der Wahl am kommenden Sonntag keiner dieser Parteien Ihre Stimme. Denn damit würden Sie deren Politik bestätigen, die den Großkonzernen immer mehr direkten Einfluss auf unsere Gesetzgebung und unsere Politik einräumt.Die ödp ist die einzige Alternative!" wendet sich Felix Staratschek (Radevormwald), Direktkandidat im Oberbergischen Kreis, an die Wähler.
Quelle:
Das werden nicht die letzten Worte sein, die zu diesem Machwerk gesprochen wurden.
Die Iren werden nächste Woche Freitag abermals abstimmen müßen.
Ich bin ziemliche sicher, dass wieder ein mehrheitliches "NO" kommen wird.