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  #1  
Alt 07.01.2008, 20:47
eneas
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Standard arbeitstitel: wissen macht krank

hallo infokrieger.

das ist mein erster post bei euch und ich bin map gespannt auf eure reaktionen.
zunächst zu mir. ich komme aus dem raum frankfurt und habe mich während meines studiums, obwohl sie niemals inhalte waren, wegen meines politischen interesses intensiv mit den texten der frankfurter schule auseinandergesetzt, zudem kommt eine gehörige protion systemtheorie und profundes wissen über semiotische prozesse. ich bin eher der sprachwissenschaftler.
nun habe ich mit angwöhnt interdiziplinär zu denken, um mit einem schritt entfernung, ein grösseres bild der zusammenhänge zu gewinnen.
was als philosophische neugier begann, endete, nein mündete in erkenntnisse, wegen derer ich mich also auf diesem forum angemeldet habe. ich bin kein verschwörungstheoretiker und will mich nicht an kleinen nuancen, und deren auslegung in der geschichte, von ereignissen aufhalten.

was ich nun also sagen will und dass immer mit dem vor-satz, "ich glaube erkären zu können, dass..."

1. geld ein zeichensystem ist, dass sich die menschen untertan gemacht hat.
2. die virtuellen werte[geld, aktien, etc] die tatsächlichen ressourcen nicht wiedergeben können.
3. das system an der "wachstumsideologie" zugrunde gehen wird.
4. es im wesen des menschen liegt, sich immer nach oben zu orientieren.
5. der prozess, ich glaube ihr meint damit den tag x, nicht aufzuhalten sein wird, bis sich das system selbst gefressen hat.

nun zum arbeitstitel. ich kann nicht mehr aufhören darüber nachzudenken, dass aller konsum, inklusive meines, letzten endes zu einem ende der geschichte führen wird, und selbst wenn ich mich dem konsum kritisch gegenüberstelle und versuche aufzuklären, so bin ich doch systemstabiliserend, denn eine gegenmeinung gehört ja dazu. (these/antithese/synthese prinzip)
ich bin gewissermaßen gefangen in meinem kopf, denn sobald ich anfange mit meinen freunden über diese gedanken zu sprechen schütteln diese ihren und tun mich als spinner ab. als nostradamus für arme. während ich vor ein paar jahren noch versucht habe etwas zu ändern, (friedensbewegung, linke, 1.mai demos) bin ich mittlerweile sehr gleichgültig geworden, auch meiner eigenen existenz gegenüber. ich kann keinen spass mehr empfinden an den vergnügen der meisten und sehe leider keine ziele mehr für mich.
mein arzt meint ich hätte eine schwere depression und ich sollte mich therapieren lassen, aber das ist doch nur ein pharmakologisch-therapeutischer weg in das karussel des ewig gleichen.

manchmal komme ich mir vor wie derjenige mensch aus platons höhlengleichnis, der das licht erblickt hat. nur wurde ich nicht herausgeführt, ich war neugierig, fragte immer wieder warum, ich fand den weg selbst.

allerdings bringt dieses wissen grosse probleme mit sich. mangelnde motivation beim zuende studieren, wozu auch, um teil des problems zu werden. neue bekanntschaften aufzubauen, wozu auch, wenn diese immer nur über ich-bin-auf-linie-themen sprechen oder sinnlos feiern/konsumieren gehen?

schlussendlich, wie würdet ihr damit umgehen, wenn ihr jemandem der euch nahe steht diese gedanken versucht rational zu erklären, was ja durchaus möglich ist, und dieser sich intellektuell ekelt angesichts des schwarzzen, schwarzen, zum schreien traurigen pessimismus meiner worte?


ps. punkte 1-5 sind nur kleine gedankenbrücken, ich weiss das darüber ganze bücher verfasst wurden.
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  #2  
Alt 07.01.2008, 21:40
Megahoschi
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard

Erstmal, Herzlich Willkommen bei den Infokriegern. Schön das Du zu uns gefunden hast.
Selbstverständlich studierst Du zu Ende, was soll die Frage? denn je mehr Wissen Du schaffst anzusammeln, desto besser ist es für Später und nach dem "Tag X" wenn Er denn wirklich kommen sollte( ich gehe allerdings davon aus)
Zum Konsum ist das so eine zweischneidige Sache, natürlich stützt man das System mit jedem Kauf, aber meiner Meinung nch bleibt einem nichts anderes Übrig, ich meine, auch wenn andere Leute anderer Meinung sind, das man sich vom System nicht abkoppeln kann. Das Einzige was man, meiner Meinung nach, tun kann ist bewusst einkaufen, keine Ketten unterstützen, immer zum kleinsten gehen und nicht da hin, wo die Masse hinrennt.
Ja der Infokrieg macht krank und manchmal ganz schön unleidlich. Gerade heute hatte ich wieder so ein Gespräch, wo mir einer Erzählt hat, es wäre doch alles Bestens und würde immer Besser. Außerdem lebten wir doch in einem freien Land und jeder hätte die gleichen Chancen. Ich durfte nicht mal laut werden!! Manchmal fühlt man sich wie Don Quichotte, Du weißt was ich meine.

Ach und noch was: 24 Stunden am Tag Infokrieg ist nicht gesund, leg Dir, wenns geht, ein Dickes Fell zu und versuche einfach ab und zu mal abzuschalten und einfach nicht dran zu denken (Ist Übungssache aber sowas klappt tatsächlich) Es hilft nichts wenn Du Dich über Leute grämst, die einfach nicht aufwachen wollen alle kriegen wir einfach nicht, vermutlich sind es nicht mal 10 Prozent, also sollten wir uns um Die kümern. Immer wieder versuchen, wenns keinen Sinn macht merkt man es sehr schnell und es lohnt nicht sich weiter aufzureiben.
Zum Schluß, Feiern ist nicht sinnlos, sondern kann helfen wieder Kraft zu tanken.
Die Welt ist nicht wie Sie sein sollte, aber es hilft nichts, wir können nur unser Bestes geben um das zu Ändern und ich kann Dir versichern es lohnt sich.
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  #3  
Alt 08.01.2008, 14:37
rauchschimme rauchschimme ist offline
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Infokrieger
 
Registriert seit: 14.10.2007
Beiträge: 234
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Erstmal willkommen im Forum!!!

Mich macht Wissen nicht krank, im Gegenteil – ich fühle mich besser als vorher. Dieses ganze Hintergrundrauschen, das ich nicht verstanden habe, das mich negativ beeinflusst hat, verstehe ich jetzt mehr und mehr. Ich habe mich früher von allen politischen, gesellschaftskritischen Dingen ferngehalten, weil sie mich verwirrt haben. Jetzt ist mein Interesse größer denn je, weil ich Zusammenhänge sehe und Puzzleteilchen zuordnen kann.
Das Studium würde ich auf jeden Fall durchziehen!!!!!

Man kann es aber auch übertreiben, man darf nicht vergessen die Schönheit der Welt zu sehen, zu feiern und zu lachen.

Ich denke nicht, dass deine Depression von zu viel Wissen kommt. Da vergleiche ich aber nur mit mir selbst. Ich hatte mal eine über ein paar Monate, da war ich noch sehr jung. Der Grund war, dass ich mich selbst nicht geliebt habe. Ich weiß, dass das komisch klingt und obwohl ich mich damit vielleicht lächerlich mache, sage ich das. Was mir geholfen hat, war, die Schönheit um mich herum wahrzunehmen. Schaue dir zum Beispiel ein Spinnennetz an, einen Schneekristall, das Glitzern der Sonne darauf, oder im Frühling die Blüten, die Gesichter geliebter Menschen, hör dir den Gesang der Vögel an usw. und lasse die Freude dabei zu.
Das Schreckliche bei einer Depression ist ja, dass man nichts mehr fühlt, keinen Antrieb mehr hat und nur noch traurig herumläuft - und zu all dem hat man auch alle Hoffnung verloren und denkt, dass das nie mehr aufhört. Glücklicherweise stimmt das nicht.
Man muss lernen wieder Freude zu empfinden. Ich habe auch gelernt mich selbst zu lieben. Was auch immer der Grund bei dir für die Depression ist, er liegt bestimmt in dir und ist nicht außen zu finden.

Menschen sind so geartet, dass sie entweder Gutes hören wollen oder wenigstens, dass alles wieder gut wird. Optimismus wie Pessimismus ist ansteckend, und da letzterer sich sehr unangenehm äußert, reagiert man automatisch ablehnend darauf, es sei denn, er ist in guten Humor verpackt und man kann trotz der schlechten Nachrichten zusammen darüber lachen.
Aber egal wie sie reagieren, Menschen die dich mögen oder lieben werden dies weiterhin tun, deshalb ziehe dich nicht vor ihnen zurück. Es ist auch für die andere Seite schwierig, wenn ein nahe stehender Mensch depressiv ist.
__________________
ein R_ing, sie zu knechten,
sie alle zu F_inden,
I_ns D_unkel zu treiben und ewig zu binden
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  #4  
Alt 08.01.2008, 21:32
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Beiträge: 2.537
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Hallo eneas,

In Indien hat einmal jemand ernsthaft zu mir gesagt:
Wenn Gott gewollt hätte, daß ich eine Wasserleitung hätte, dann hätte er mir eine hingebaut.

- Fatalismus -

Neuerdings kommt zwar bei uns auch Fatalismus dieser Art auf, jedoch ist hier im Westen der Fatalismus üblicherweise von ganz anderer Art. Es scheint eine Art seelischer Fatalismus zu sein.

Weil wir oft keinen Ausweg sehen, unserer Depression zu entkommen? Ist das der Fatalismus unserer Zeit, oder der Fatalismus des Westens?

Könnte es sein, daß wir uns selbst und auch andere oft wie berechenbare Dinge betrachten? Vielleicht wärest du gerne vollkommen berechenbar?
Das ist aber leider nicht die Wirklichkeit, dieser Wunsch kann sich nicht erfüllen.

Ich versuche das darzustellen mit dem Unterschied zwischen Tantra und Yoga.

Tantra und Yoga (oder vom Umgang mit der Macht)

Hinter dem Begriff Tantra verbirgt sich weit mehr als sexuelle Praktiken. Es steht vielmehr für eine ganze Philosophie. Es ist hier vor allem die Rede von "Hingabe" und "Loslassenkönnen".
Yoga hingegen ist eine Technik zur Körperbeherrschung, welche zu Gesundheit und Wohlbefinden führen soll.

Sind diese beiden Begriffe unvereinbare Gegensätze ? Loslassen und Beherrschen ?

Weil ich meinen Körper als eine konkrete Sache betrachten kann, welche in materieller Form existiert, kann es wohl prinzipiell gelingen, durch ein Beherrschen, durch ein Machtausüben "über mich selbst" also, zu einer besseren Gesundheit oder größeren Fitness mich selbst zu verändern.

Ganz anders aber sieht die Sache aber aus, wenn wir versuchen, unsere Psyche zu verändern. Der Mensch lebt im Konflikt zwischen dem, was ist, und dem was sein soll. In psychischer Hinsicht kann dieser Konflikt zu Selbsthaß führen. Der Versuch, etwas gegen diesen Selbsthaß zu tun wird zur Selbstverleugnung. Aus dieser Selbstverleugnung ergeben sich Rachegelüste und Destruktivität. Deshalb wird im Tantra von Hingabe gesprochen.

So sind Yoga und Tantra zwei gegensätzliche Handlungsweisen, welche beide in ihrem eigenem Bereich gültig sind. Verkehrte Handlung führt natürlich zu Problemen. So führt eine Hingabe im materiellen Bereich zu Lethargie, Disziplinlosigkeit, und unangebrachter Schicksalsgläubigkeit, während Machtausübung in diesem "imaginären" Bereich zu Agression und Rachegelüsten ausartet.
In diesem Sinne neigt der heutige Mensch dazu, Dinge zu verbinden, die nicht verbunden sind. Und außerdem, Dinge zu trennen, die nicht getrennt sind. Wir werden dafür ein Gefühl entwickeln müssen.

__________________________________________________

und sollte dich das Thema weiter interessieren, dann schau ab und an mal rein beim Thread Gewaltfrei. Dort mischt sich das allerdings mit Kirchenkritik, aber du kannst ja die betreffenden Seiten überblättern.

freundliche Grüße
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  #5  
Alt 09.01.2008, 00:09
1123581321
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Hoi, noch so ein interessanter Thread. Wir müssen mal alle Urlaub machen und zusammenkommen

Zitat:
Zitat von rauchschimme
Was mir geholfen hat, war, die Schönheit um mich herum wahrzunehmen. Schaue dir zum Beispiel ein Spinnennetz an, einen Schneekristall, das Glitzern der Sonne darauf, oder im Frühling die Blüten, die Gesichter geliebter Menschen, hör dir den Gesang der Vögel an usw. und lasse die Freude dabei zu.
Ja das alles wird immer mehr zu Fremdwörtern. Liebe, Freude, ... Fühlte sich fast schon so an, als ob es genau solche Waren seien wie ne Playstation oder Geld.
Ist man denn heute wirklich naiv, wenn man sich solch sinnliche Werte zum Motto wünscht ?
Wenn man sich trainiert, die kleinen schönen Dinge wieder wahrzunehmen, kommt man nicht um das anfängliche Gefühl herum, sich selber zu bescheißen.
Einen schönen Sonnenuntergang genießen, während um einen herum die "Neuzeit" brummt.
An der Stelle halte ich es als gewolltes Ignorieren von Wissen. Absichtliches Träumen und Nachleben von Erinnerungen. Denn dort sind alle schönen Gefühle noch vorhanden und man muss nur sich trauen, sie wieder zu wecken. Das war für mich der Einstieg zum Wiederbeleben der Wahrnehmung.

Code:
ich kann keinen spass mehr empfinden an den vergnügen der meisten und sehe leider keine ziele mehr für mich.
Ich setze mir keine Ziele mehr für das Leben, oder nein, besser - ich richte mein Leben nicht mehr nach entfernten Zielen aus.
Der Moment zählt und angenehme Dinge wie schöne Natur werden stets in Gedanken getragen. Es tut auch gut, wenn man wichtige Arbeiten erledigt hat.
Nichtsdestotrotz sollte man seinen Tag strukturieren.
Mein Wunsch wäre gewesen eine Familie zu haben, aber die Gedanken darüber führten mich immer in Frust und Trauer, weil das für mich nicht die Welt ist, die ich meinen Kindern antun möchte.
Solche Dinge bekommt man auch nicht so leicht aus dem Kopf, da sie einem häufig begegnen.

Leider bin ich auch noch nicht soweit, das zu leben was ich oben meinte. Es gibt immer wieder Momente, die mich in dein Karussell zwingen wollen.
Mit jedem Mal, wo es mir gelingt, aus diesem wieder zu entkommen, schätze ich die schönen Seiten und Gefühle mehr.

Wir haben noch Freiheiten, die andere schon nicht mehr haben - wir müssen die Werte wie Freiheit und Liebe wieder ausgraben und anderen zeigen - sonst wissen sie nicht, was möglich ist - und verharren bis zu dem Tag, an denen ihnen auch die letzte Freiheit genommen wird, um dann erst zu erkennen, was die ganze Zeit unter uns vergraben war.

Das ist ein unbestimmtes, zeitloses Ziel und an dessen Umsetzung tun wir uns selber gut. Eine Aufforderung kann enttäuscht werden und frustrieren - wenn man etwas lebt, was positiv wirkt, dann ist es jedem selbst überlassen, mitaufzusteigen.
Nun weiß ich nicht, ob das die richtige Richtung ist, mir wird das beim Schreiben auch erst so langsam klarer.

Ich finde es jedenfalls ganz wunderbar, dass wir hier zusammenfinden können und nur das Wissen zeigt mir, die Dinge wieder schätzen zu lernen, die Licht in die dunkle Zeit bringen.
Das ist nicht ignorant gegenüber dem, was sich im Dunkeln abspielt.
Aber dieses Licht nicht zu schätzen, wäre ignorant ihm gegenüber - und wenn es niemand mehr sieht, wird sich an der Dunkelheit nichts ändern.

Große Worte, aber ich mein, wir solltens mal probiern. Denn Wissen nur um des Wissens willen macht krank.

Lg
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