Steuern wir auf eine globale Klimakatastrophe zu? FOCUS Online hat mit dem Abenteurer und Umweltaktivisten David de Rothschild über eine gierige Gesellschaft und einen langsamen Sinneswandel gesprochen.
Er hat die Eiswüsten der Antarktis und Grönlands durchquert, ist einer der Erben der Rothschild-Bank-Dynastie und wurde vom Modemagazin „Tatler“ 2003 zum attraktivsten Studenten Großbritanniens gekürt: Der Abenteurer David de Rothschild engagiert sich mit seiner Organisation „Adventure Ecology“ für den Klimaschutz und scheut dabei nicht die Nähe zur Industrie. „Es ist an der Zeit, nicht nur mit den Fingern auf die Schuldigen zu zeigen, sondern effektiv zusammenzuarbeiten“, meint der 28-Jährige.
FOCUS Online: Der wärmste Herbst in Europa seit mehr als 500 Jahren, eine eisfreie Arktis 2080, Schlammlawinen und Überschwemmungen. Herr Rothschild, steuern wir auf eine globale Klimakatastrophe zu?
De Rothschild: Ja, es ist offensichtlich: Unser Planet leidet an Fieber. Als ich meine Tour 2005 durch die Antarktis machte, war da viel Wasser, verdammt viel Wasser. Das Eis schmolz. Die Temperaturen lagen zwischen minus vier und zwei Grad. Und ich dachte mir nur: Eigentlich sollte ich hier frieren, und nicht schwitzen. Meine Expeditionsausrüstung war viel zu warm.
FOCUS Online: Private Beobachtungen oder Zeichen für einen Klimawandel …
De Rothschild: Natürlich bin ich mir darüber bewusst, dass meine Beobachtung nur eine von vielen ist. Aber dieser lebendige Beweis deckt sich mit wissenschaftlichen Studien, die fast überall ein Schmelzen der Eiskappen und Gletscher prognostizieren.
FOCUS Online: Sie haben die Umweltorganisation „Adventure Ecology“ gegründet. Was wollen Sie damit bewirken?
De Rothschild: Ich nutze die Faszination von Abenteuern und die Macht des Internets, um Schüler weltweit für die Probleme des Klimawandels zu sensibilisieren. Mein Ziel ist es, dass sie sich aktiv für eine bessere Welt engagieren, die verantwortungsbewusst mit ihren natürlichen Ressourcen umgeht.
Etwa 5000 Kinder und Jugendliche im Alter zwischen neun und 12 Jahren – sie stammen aus allen gesellschaftlichen Schichten – haben sich auf der Online-Plattform Adventureecology.com zu einer Internet-Community zusammengeschlossen. Dort tauschen sie Informationen aus, verfolgen meine Expeditionen und lernen viel über die Umweltprobleme, die der Klimawandel mit sich bringt.
FOCUS Online: Ein langwieriger Prozess …
Mein Bruder wundert sich immer, warum ich diesen mühsamen Weg gehe und nicht einfach den Premierminister mit Eiern bewerfe. Aber die Zeit für solche Aktionen ist passé. In den 70er-Jahren gab es diese aggressive Umweltbewegung, die Welt war eingeteilt in Gut und Böse.
FOCUS Online: Sind Sie deshalb der Good Guy zahlreicher Firmen, die ihr Engagement finanziell unterstützen?
De Rothschild: Natürlich verpassen sich Firmen und Organisationen, die sich für den Klimaschutz engagieren, ein besseres, sauberes Image. Aber auch hier zeigt sich ein „Klimawandel“. Energiekonzerne, die zu den größten Luftverpestern zählten, investieren vermehrt in Solarenergie oder fördern die Aufforstung von Regenwäldern. Klimaschutz ist in und schick. Er wird zum Mainstream – und das ist gut so. Aus Sündern werden oft die größten Heiligen.
FOCUS Online: Lässt sich mit Klimaschutz mittlerweile Geld verdienen?
De Rothschild: Viele neue Technologien wie Windkraft, Solarenergie und Wasserstofftechnologie helfen uns den Verbrauch fossiler Brennstoffe zu drosseln. Viele Firmen haben damit bereits gutes Geld verdient. Aber auch mittels kleiner Schritte wie Energiesparlampen und Thermostaten an Heizungen lässt sich in Haushalten viel Energie sparen. Umwelt- und Klimaschutz lohnen sich.
FOCUS Online: Sie stellen den persönlichen Vorteil, die positiven Seiten in den Mittelpunkt der Debatte.
De Rothschild: Ja, warum auch nicht? Wir leben in einer gierigen Gesellschaft. Nur was mir persönlich nützt, mich persönlich betrifft, interessiert mich auch. Wenn der Vorteil von Klimaschutz vielen Leuten bewusst wird, werden sie sich auch vermehrt engagieren. Davon bin ich überzeugt.
Quelle:
http://www.focus.de/wissen/wissensch...aid_26794.html