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  #861  
Alt 04.11.2008, 09:35
Grilleau Grilleau ist offline
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7.496.951 Leistungsberechtigte - eine Statistik ohne Aussagekraft ?

Vorweg die aktuelle Meldungen rund um die Lage am deutschen Arbeitsmarkt und den Auswirkungen von Hartz IV.

Enthüllungsbuch über Leben mit Hartz IV - Mit Lizenz zur Ausbeutung:
http://www.sueddeutsche.de/politik/2/314896/text/


In der ARD-Undercover-Reportage „Arm durch Arbeit“ hat sich Markus Breitscheidel ein Jahr lang durch das Dickicht der Leiharbeitsfirmen geschlagen. Und dabei Erfahrungen gemacht, die ihn als Menschen verändert haben.
http://tinyurl.com/62zdvt


Growing Unequal? : Income Distribution and Poverty in OECD Countries Summary in German - Mehr Ungleichheit trotz Wachstum? Einkommensverteilung und Armut in OECD-Ländern Zusammenfassung in Deutsch 9 Seiten
http://www.oecd.org/dataoecd/45/26/41525363.pdf

Alexander Engels zu einem neuerlichen Hartz-IV-Problem-Fall - Geldabhängig - Die Tücken der Hartz-IV-Gesetze treten immer in Einzelfällen hervor. Das zeigt sich nun am Beispiel von Marion Kuhnert. Ihre Tochter erhält Bafög, um sich im Studentenleben über Wasser zu halten, und in der Folge verliert die Mutter ihre Wohnung….
http://tinyurl.com/64of2g


Viele Kinder können sich das Schulessen nicht leisten Schüler aus ärmeren Familien haben oft zu wenig Geld für die gemeinsame Mahlzeit.
http://www.3sat.de/3sat.php?http://w...308/index.html


“Ich weiß, dass Kinder gerne hier essen würden, es sich aber nicht leisten können und anderen Kindern während der Mahlzeit über die Schulter gucken”
http://www.3sat.de/mediathek/?obj=9998



Ungeachtet dieser Fehlentwicklungen wird in vielen Medien, mit euphorischen Meldungen „Zahl der Arbeitslosen sinkt unter drei Millionen“ verkündet und bejubelt.

Bei genauer und objektiver Betrachtung vertieft sich die Vermutung und das Gefühl das die Reformen am Arbeitsmarkt das entstehen der Niedriglohnsektoren, 1 Euro Jobs, Bürgerarbeit sowie die Schaffung prekärer Arbeitsverhältnisse und Working Poor die Ursachen der aktuellen Finanz – und Wirtschaftskrise sind. Autos kaufen keine Autos und vielen Verbrauchern fehlt das Geld, weil sie im Niedriglohnsektor beschäftigt sind oder ALG II als Grundsicherung beziehen.

Mancher kritisiert das sich der Inhalt meiner Analyse des Arbeitsmarkts von Monat zu Monat gleicht. Das ist richtig. Aber die multimediale Berichterstattung gleicht sich ebenfalls von Monat zu Monat keine Agentur kein Printmedium und keine TV – Nachrichtsendung die nicht Monat für Monat den gefühlten Rückgang der Arbeitslosigkeit mit den gleichen Worten loben und preisen. Bei genauer Analyse gibt es meines Erachtens keinen Grund zum Jubeln sondern zur Sorge. Seit der Landtagswahl in Bayern ist vielen einsichtig, mit dieser Art „Vollbeschäftigung“ kann weder die CDU noch die SPD und keinesfalls die CSU Wahlen gewinnen.

Warum wird die Entstehung von prekären Arbeitsverhältnissen – 1 Euro Jobs die Beschäftigung in Bürgerarbeit und als Pflegeassident/in, multimedial im Gleichklang der meisten Medien als enormer Abbau der Arbeitslosigkeit bejubelt, wobei jede kritische Betrachtung der steigenden Armut (1 Millionen Tafelbedürftige in 2008 – siehe unten) ohne nennenswerte Beachtung bleibt?

Ich fürchte, weil die Last/Kosten der Arbeitslosigkeit solidarisch alle Arbeitnehmer und Arbeitgeber tragen mussten, die Last der Armut im Niedrigstlohnbereich die Einzelnen ganz alleine. Deshalb werde auch ich weiterhin Monat für Monat eine Analyse der multimedial verkündeten Zahlen der BA erstellen.

Was heißt würdige Arbeit?

Ich sage unwürdig ist, wenn Personen die Vollzeit arbeiten sich von ihrem Lohn weder ausreichend Brot noch ausreichend Kuchen kaufen können.

Das heißt, wenn diese Personen kein Brot haben, können diese Personen auch keinen Kuchen essen, sondern sie sind auf steuerfinanziertes ALG II angewiesen dass sie nur nach einer Offenlegung ihrer intimsten partnerschaftlichen Verhältnisse und einer akribischen und für viele sehr peinlichen Bedürftigkeitsprüfung beanspruchen dürfen. Dass ist nach meinem Verständnis mehr als unwürdig.

Vor allem stellt sich die Frage woher leiten Unternehmen die Arbeitnehmer mit Anspruch auf steuerfinanziertes ALG II beschäftigen denn Anspruch ab, dass die Solidargemeinschaft der Steuerzahler und nicht die Arbeitgeber den Lohn der von ihnen Beschäftigten Arbeitnehmer bis zur Grundsicherung aufstockt ?

Analyse des BA Berichts Oktober 2008:

Erstellt von Sybilla am 30.10.08 10 Uhr 30
Jeder darf diesen Bericht unter Hinweis auf die Autorin frei verwenden.

Entwicklung der statistisch erfassten Arbeitslosigkeit

Offizielle ermittelte BA - Zahlen des Arbeitsmarkt – Bericht Oktober 2008 diese von vielen Medien ohne Detailbetrachtung verkündet werden.

LEISTUNGSEMPFÄNGER 2) BA Bericht September 2008 Seite 44

LEISTUNGSEMPFÄNGER
- Arbeitslosengeld 776.736*
- erwerbsfähige Hilfebedürftige (Alg II) 4.859.630*
- nicht erwerbsfähige Hilfebedürftige (Sozialgeld) 1.860.585*
*Vorläufig und hochgerechnet, endgültige Werte stehen erst nach einer Wartezeit von drei Monaten fest.

*7.496.951 Leistungsberechtigte
+ Kinder von ALG II Leistungsbeziehern (Aufstocker) im Leistungsbezug des Kinderzuschlags.

Kinderzuschlag - Der Kinderzuschlag wird Eltern gewährt, die zwar ihren eigenen Bedarf durch Erwerbseinkommen bestreiten können, aber nicht über ausreichend finanzielle Mittel verfügen, um den Bedarf ihrer Kinder zu decken. Eltern mit geringem Einkommen haben Anspruch auf Kinderzuschlag von bis zu 140 Euro monatlich.
http://www.familien-wegweiser.de/weg...did=41054.html

Abbildung 14 Seite BA Bericht Oktober 2008
Bedarfsgemeinschaften 3.487.000
hilfebedürftige Personen 6.720.000

Quelle: http://www.pub.arbeitsamt.de/hst/ser...nat/200809.pdf

Zitat:
Pressemitteilung Nr. 288 vom 11.08.2008 - Sozialhilfeausgaben 2007: Anstieg auf netto 18,8 Milliarden Euro
http://www.destatis.de/jetspeed/port...nderPrint.psml
Pressemitteilung Nr. 288 vom 11.08.2008 - Sozialhilfeausgaben 2007: Anstieg auf netto 18,8 Milliarden Euro
Die Nettoausgaben für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung lagen im Jahr 2007 bei 3,5 Milliarden Euro; dies entspricht 18% der Sozialhilfeausgaben insgesamt. Im Vergleich zum Vorjahr sind die Ausgaben für diese Hilfeart damit um 12,7% gestiegen.

In dieser Zahl sind nicht (ca. 1,1 Millionen 2006) Personen enthalten die Sozialhilfe nach SGB XII beziehen.
Pressemitteilung Nr. 462 vom 16.11.2007
Sozialhilfe 2006: 1,1 Mill. Menschen erhielten besondere Leistungen
http://www.destatis.de/jetspeed/port...nderPrint.psml

Laut BA Statistik werden im Oktober 2008 2.996.912 Personen als arbeitslos gezählt.
Somit wurde in der Statistik (unter 3 Millionen statistisch erfasste Arbeitslose) die Vorgabe der Politik für 2008 erreicht. Der Plan am Arbeitsmarkt ist übererfüllt.

Im Monat Oktober 08 befanden sich 1,57 Millionen Personen (September 1,51 Millionen) in einer von Bund oder Bundesagentur für Arbeit geförderten arbeitsmarktpolitischen Maßnahme. (Seite 6 BA Bericht Oktober 200

Ein Blick auf die Graphiken VI. Arbeitsmarkt Gesamtübersicht Seite 44 BA Bericht September zeigt ganz deutlich das die Zahl der Bevölkerung zwischen 15 und unter 65 Jahren
erheblich abgesunken ist. Das bedingt auch einen Rückgang der Arbeitslosigkeit.

Verlässliche Aussagen zu 1 Euro Arbeitsgelegenheiten und arbeitsmarktpolitische Instrumente sind aufgrund einer erheblichen Unterfassung der Daten nicht möglich.

BA Bericht Oktober 2008 Seite 70 Fußnote 3
3) Es ist von einer deutlichen Untererfassung (bei Berufsorientierung bis einschl. Sept. 2007) auszugehen, da nur die Informationen darstellbar sind, deren Daten individuell teilnahmebezogen im operativen Verfahren der BA erfasst sind oder von zkT über XS
(z. B. haben für 2008 [Datenstand September 2008] nur ca. 67 % der Träger Daten zum Einsatz der flankierenden Leistungen erfasst).

Leider gibt es keine statistischen Zahlen wie viele Personen in kommunalen Projekten, die ich als „Bürgerarbeit“ bezeichne, beschäftigt werden. Diese Projekte und Personen verbergen sich vielfach in der statistischen Untererfassung der Arbeitslosigkeit.

Entwicklung am Stellenmarkt

Bestand - BA Bericht Oktober 2008 Seite 10

Bestand alle Stellen 571.000 100 -38.000
darunter: Vakanzen 518.000 91 -45.000
ungeförderte Stellen 394.000 69 -28.000
darunter: Vakanzen 353.000 89 -34.000
ungeförderte sozialversicherungspflichtige Stellen 362.000 63 -19.000
darunter: Vakanzen 325.000 90 -25.000

Quelle: http://www.pub.arbeitsamt.de/hst/ser...nat/200810.pdf

Natürlich ergibt sich unter Einbeziehung aller Jobangebote aller Jobbörsen eine höhere Zahl an offenen Stellen, allerdings gibt es den nicht unerheblichen Effekt der Doppelung ( 1 freier Arbeitsplatz wird in mehren Jobstellen ausgeschrieben. Deshalb denke ich das die Zahl der offenen Stellen näher bei 350.000 als erheblich höher liegt.

Mit Befremden nehme ich zur Kenntnis, dass viele Medien der Versuchung nicht widerstehen und die niedrigsten Arbeitslosenzahlen seit x Jahren oder seit Frau Merkels Geburt verkünden. (Dabei werden völlig unterschiedliche Statistiken verglichen – so gab es vor 16 Jahren keine „Bürgerarbeit“ keine Ein Euro Jobs und die Arbeitslosenhilfe hatte eine komplett andere Grundlage von Bedürftigkeit als das Arbeitslosengeld II.
Die Darstellung eines Vergleich der Arbeitslosenzahlen vor 2005, also vor der Neudefinition der Arbeitslosigkeit, durch das SGB II ab 2005 ansetzt, ist meines Erachtens unsachgemäß. Die Daten zu den Arbeitslosenzahlen werden seit der Reform des SGB II in den BA Berichten verkürzt wiedergegeben und von der Politik und vielen Medien einseitig tendenziös interpretiert. Die Frage ist; finanziert die Wirtschaft den *Aufschwung* am Arbeitsmarkt mit existenzsichernden Arbeitsplätzen oder wird der *Aufschwung* am Arbeitsmarkt durch Arbeitsplätze mit ergänzenden ALG II 1 € Jobs und Bürgerarbeit durch Steuern finanziert? Viele Medien suggerieren mit multimedialen “Jubelmeldungen“ einen Erfolg der Reformen am Arbeitsmarkt. Entgegen der guten Nachricht vom Sinken der Arbeitslosigkeit stehen die schlechte Nachricht von wachsender Armut der Erwerbstätigen im Niedrigstlohnbereich Bürgerarbeit und Ein Euro Jobs und wachsende Kinderarmut.

Ja die statistisch erfasste Arbeitslosigkeit sinkt die Massenarmut steigt, ich denke dass eine Vollbeschäftigung aufgrund von Ein Euro Jobs und Niedrigstlohnjobs in Massenarmut mittelfristig erreichbar ist.

Erstellt von Sybilla am 30.10.08 10 Uhr 30
Jeder darf diesen Bericht unter Hinweis auf die Autorin frei verwenden.

Der enorme Abbau der Arbeitslosigkeit geht mit einem enormen Anstieg von Armut in Arbeit im Gleichschritt, das hat meines Erachtens folgende Gründe.

Knapp die Hälfte aller Leistungsbezieher nicht als arbeitslos registriert

Zitat:
Arbeit und Soziales/Antwort

Berlin: (hib/MPI) Von den 2007 durchschnittlich 6,348 Millionen Beziehern von Arbeitslosengeld I (Alg I) und Arbeitslosengeld II (Alg II) sind laut Bundesregierung 3,135 Millionen (49 Prozent) nicht in der Arbeitslosenstatistik registriert. Dagegen seien insgesamt 3,213 Millionen (51 Prozent) arbeitslos gemeldet gewesen, schreibt die Regierung in ihrer Antwort (16/845 auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (16/8131). Außer den Leistungsempfängern habe es noch 686.000 Arbeitslose gegeben, die keine Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung bezogen. Von allen Arbeitslosen hätten 82 Prozent Leistungen erhalten. Von den durchschnittlich 1,092 Millionen Alg-I-Empfängern im Jahr 2007 seien 26 Prozent nicht in der Arbeitslosenstatistik aufgetaucht, schreibt die Regierung. 225.000 der Alg-I-Bezieher fielen unter die so genannte 58er-Regel, 25.000 der nicht als arbeitslos geführten Personen hätten an einer Trainingsmaßnahme teilgenommen, 26.000 seien arbeitsunfähig erkrankt und 16.000 seien vermindert leistungsfähig gewesen. Kriterien für die Aufnahme in die Arbeitslosenstatistik der Bundesagentur für Arbeit seien die Arbeitslosmeldung, die Beschäftigungslosigkeit und die Verfügbarkeit. Danach würden etwa Personen, die arbeitsunfähig erkrankt oder dauerhaft erwerbsgemindert sind, nicht als arbeitslos gezählt, “weil sie dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen”. Wie aus der Antwort weiter hervorgeht, waren von den im Jahr 2007 durchschnittlich 5,329 Millionen Alg II-Empfängern 2,473 Millionen (46 Prozent) als arbeitslos registriert und 2,856 Millionen (54 Prozent) nicht als arbeitslos registriert. Eine Zuordnung zu bestimmten Gruppen sei bisher statistisch nur annäherungsweise möglich. Zur Gruppe der erwerbstätigen Hilfebedürftigen (”Aufstocker”) mit einem monatlichen Bruttoeinkommen von mehr als 400 Euro zählten demnach 524.000 Personen. Der Gruppe der “Ein-Euro-Jobber” und Teilnehmer an Qualifizierungsmaßnahmen wurden demnach 418.000 der als nicht arbeitslos registrierten Alg-II-Bezieher zugeordnet. Ferner seien 484.000 unter-20-jährige und 312.000 über-58-jährige Alg-II-Empfänger statistisch nicht als arbeitslos geführt worden.
http://www.bundestag.de/aktuell/hib/...08_088/02.html

Der enorme Abbau der statistisch erfassten Arbeitslosigkeit wurde vor allem durch folgende Maßnahmen erreicht.

- 1 Euro Jobs
- Bürgerarbeit
- Pflegassitenten/Pfleghelfer
- Jobs mit Ergänzenden ALG II

Zitat:
Pressemitteilung Nr. 340 vom 09.09.2008 -Neue Beschäftigungsformen prägen Arbeitsmarktentwicklung
http://www.destatis.de/jetspeed/port...nderPrint.psml

WIESBADEN – Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) heute im Rahmen eines Pressegesprächs in Frankfurt am Main mitteilte, hat die Zunahme neuer Beschäftigungsformen die Beschäftigungsentwicklung der vergangenen zehn Jahre in Deutschland maßgeblich geprägt. Zu diesen neuen oder häufig auch als atypisch bezeichneten Beschäftigungsformen gehören befristete oder geringfügige Beschäftigung, Teilzeitarbeit sowie Zeitarbeit. Während die Zahl der Erwerbstätigen in sogenannten Normalarbeitsverhältnissen von 1997 bis 2007 um 1,5 Millionen gesunken ist, stieg die Anzahl der Personen in neuen oder atypischen Beschäftigungsformen in diesem Zeitraum um 2,6 Millionen an. Insgesamt ergibt sich für alle abhängig Beschäftigten eine Zunahme um 1,1 Millionen.

Wie Wolfgang Strohm, Leiter der Abteilung „Gesamtrechnungen, Arbeitsmarkt“ des Statistischen Bundesamtes, weiter mitteilte, ist trotz dieser Entwicklung das Normalarbeitsverhältnis nach wie vor die dominierende Form abhängiger Beschäftigung. Knapp drei Viertel (22,5 Millionen) der 30,2 Millionen abhängig Beschäftigten im Alter von 15 bis 64 Jahren, die nicht in Bildung oder Ausbildung waren, befanden sich 2007 in einem Normalarbeitsverhältnis. Demgegenüber standen 7,7 Millionen Personen in neuen Beschäftigungsformen.

Im Laufe der vergangenen zehn Jahre hat die Bedeutung des Normalarbeitsverhältnisses abgenommen, wenn auch nicht deutlich. 1997 betrug der Anteil der Personen in einem Normalarbeitsverhältnis an allen abhängig Beschäftigten noch 82,5%. Der Anteil hat sich seither um acht Prozentpunkte verringert (2007: 74,5%). Entsprechend stieg der Anteil der neuen Beschäftigungsformen von 17,5% auf 25,5%….
ARMUT

Hartz IV: Trauriger Rekord bei den Tafeln - Die Tafeln vermuten einen traurigen Rekord: Bis Ende des Jahres werden rund eine Million Menschen die Tafeln besucht haben.
http://www.gegen-hartz.de/nachrichte...feln762306.php

3. Armutsbericht vom 19. Mai 2008 (415 Seiten - 1,53 MB pdf.datei)

Zitat:
Tafeln brauchen mehr Lebensmittelspenden

Es gibt immer mehr Bedürftige für Lebensmittelspenden. Die wachsende Armut in Deutschland bringt die Tafeln zunehmend in Bedrängnis. Diesen Trend bestätigte die Sprecherin des Bundesverbandes Deutsche Tafel, Anke Assig. Vor allem in ländlichen Regionen und strukturschwachen Gebieten werde es zunehmend schwierig, Spenden für die Tafeln zu generieren, sagte sie. Bundesweit versorgen die Einrichtungen rund 800 000 Menschen.
http://newsticker.welt.de/index.php?…pa&id=18397734
Willkommen im Sozialdarwinismus des 21. Jahrhunderts !

Tafeln haben Hochkonjunktur. Kaum eine andere soziale Einrichtung in der Bundesrepublik wächst so schnell.Mittlerweile gibt es in Deutschland über 785 Tafeln ! Die Idee kommt natürlich auch aus den Vereinigten Staaten.In Berlin entstand 1993 die erste Tafel. Gegründet wurde sie von der Sozialpädagogin Sabine Werth - Initiativgruppe Berliner Frauen e.V. - Ungezählt sind die lokalen Initiativen mit Namen wie “Brotkorb” oder “Brosamen”, die nicht dem Bundesverband angeschlossen sind.

Die Tafeln in Zahlen:

* 1993 - 1 Tafel
* 1994 - 7 Tafeln
* 1995 - 35 Tafeln
* 1996 - 70 Tafeln
* 1997 - 90 Tafeln
* 1998 - 100 Tafeln
* 1999 - 210 Tafeln
* 2000 - 270 Tafeln
* 2001 - 300 Tafeln
* 2002 - 310 Tafeln
* 2003 - 320 Tafeln
* 2004 - 400 Tafeln
* 2005 - 540 Tafeln
* 2006 - 630 Tafeln
* 2007 - 749 Tafeln
* 2008 - 785 Tafeln ( Stand 8. Mai 2008 )

Aber warum ist dieses Projekt so erfolgreich ? Weil alle Beteiligten “Gewinn” daraus ziehen. Die Supermärkte und Discounter können die Ware, die nicht mehr verkauft werden kann, abschreiben, mit ihrer sozialen Verantwortung werben und gleichzeitig die Entsorgungskosten minimieren. Den Initiatoren und Helfern von Lebensmittelausgaben und Suppenküchen ist ebenfalls Anerkennung sicher: Tafeln haben ein hohes gesellschaftliches Ansehen.Unterstützt werden die Tafeln von zahlreichen kapitalkräftigen Sponsoren. Dazu zählen DaimlerChrysler, der Reifenhersteller Continental, Norddeutsche Landesbank, Gruner & Jahr, um nur einige zu nennen. Auch der große Unternehmensberater McKinsey - führend bei Rationalisierung und Personalabbau - kümmert sich so um die Opfer der Arbeitsplatzvernichtung.

Rührend. Jedenfalls beruhigend fürs Gewissen………………

Den größten Anteil an dieser Verarmung von Hunderttausenden und Millionen hat das von der ehemaligen rot-grünen Regierung durchgesetzte Hartz IV Gesetz, das die Arbeitslosenhilfe auf das noch gesenkte Sozialhilfeniveau drückt. Durch Hartz IV ist in den Arbeitslosenhilfe-Haushalten die Armutsquote um mehr als zehn Prozentpunkte - von etwa 50 Prozent vor der Reform auf rund 63 Prozent im Jahr 2005 angestiegen.

Eine der leidtragendsten Gruppe sind die Kinder - Seit dem Start von Hartz IV, hat sich die Zahl der armen Kinder und Jugendlichen verdoppelt, 2,5 Millionen leben auf Sozialhilfeniveau. Von knapp zwölf Millionen Kindern unter 15 Jahren lebt heute jedes sechste in Armut, in einigen Städten sogar jedes dritte Kind.
Quelle: http://www.deutschland-debatte.de/20...-war-das-noch/
Lg
Grilleau
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  #862  
Alt 04.11.2008, 10:29
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Wenn man das hier alles liest ... könnte man meinen, der Geschichtsunterricht an deutschen Schulen endet thematisch weit vor der französischen Revolution.

Die Schaffung des Sozialstaates ist historisch bedingt durch die Tatsache, das Menschen in großen Mengen aus ihrer Heimat entwurzelt und (mit vielen Versprechungen) in die Fabriken gelockt worden sind ... und das man letztlich durch Effektivierung der Produktionsmethoden immer weniger dieser Menschen (bzw ihre Kinder und Kindeskinder) mehr benötigte, um steigende Produktion zu verwirklichen.

Die Ackerscholle, die dörfliche Lebensgemeinschaft war aber unwiederbringlich zerstört - im Dienste des Fortschrittes. Ergo ergab sich das Problem: wie ernähre ich die Menschen, die ich nicht mehr brauche.

Wer übernimmt die Verantwortung für die Entwicklung, die jahrtausendealte ökonomische Systeme zerstört hat?

Die Antwort war: der Staat.

Er mußte dafür herhalten, weil "die Wirtschaft" immer egoistischer agierte und sich asozial aus dem Gemeinwesen herausdefinierte, bzw. wie ein schmarotzender Parasit agierte, der alle histlorisch gewachsenen Gemeinschaftsleistungen (Infrastruktur, Bildung, Wirtschaftsraum) gern kostenlos nutzte, aber alle dadurch erwirtschafteten Gewinne gern für sich behielt.

Armenwohnungen a la Fugger sieht man (ausgenommen vielleicht Zechensiedlungen) nicht mehr....dabei würde das schon viel helfen.

Keine Gemeinschaft ist mit dieser Art von Schmarotzern langfristig lebensfähig, keine Gemeinschaft kann diesen einseitigen Geldfluß lange überleben.

Aber ... um von Kampfbegriffen wegzukommen: was ist das eigentlich: "die Wirtschaft"?.

Bäcker, Schuster, Einzelhandel, Versicherungsvertreter, Würstchenverkäufer, Automechaniker?

Zweifellos ja. Doch all diejenigen bringen ihre Leistung (auch wenn sie nicht angemessen bezahlt wird) und haben kaum die Möglichkeit, großflächig Schaden anzurichten.

Dort, wo es anfängt bedrohlich zu werden (wirtschaftlich und erst recht politisch) heißt "Wirtschaft" nur noch "Konzern" und zu diesem Konstrukt möchte ich den kanadischen Film "Corporation" empfehlen...wo meines Erachtens nach recht kurz und prägnant die Wurzel des gesellschaftlichen Übels unserer Zeit benannt wird.

Wer es umfangreicher haben möchte: Vivianne Forrester: "Terror der Ökonomie" bzw. "Diktatur des Profits" (Carl Hanser Verlag) gibt einigen Aufschluß über die Megaschmarotzer unserer Zeit, M.Chossudovsky´s "Global Brual" (Verlag Zweitausendeins, 2002) zeigt ihre skrupellosen Methoden.

Und was die individuellen "faulen Säcke" angeht ... sicher, die gibts auch unter Arbeitslosen. Aber dort richten sie weniger Schaden an als in den Konzernen ... und der Schaden, den faule Säcke (Stichwort "innere Kündigung") in Konzernen anrichten, ist gigantisch (der Spiegel schreibt in regelmäßigen Abständen drüber). Auch in Behörden sollen im übrigen schon faule Säcke gesichtet worden sein, ebenso in Schulen, an Universitäten, Ämtern, in Kirchen und Gemeinden, Redaktionen und Vorständen.

Aber nicht jeder Arbeitslose ist gleich ein fauler Sack - und für Langzeitarbeitslosigkeit gibt´s andere Gründe:
Krankheit, Alter, Kinder.

Die fallen nicht vom Himmel, diese Langzeitarbeitsosen, die Masse von ihnen hat vorher jahrzehntelang brav und fleißig in die Sozialkassen einbezahlt ... und man hat ihnen gedankt durch die Abschaffung der
Berufsunfähigkeitsrente - wodurch der Speditionsfahrer, der durch viele Millionen Kilometer seine Bandscheiben ruiniert hat, automatisch
ein ALG - 2 - Empfänger wird (mal abgesehen davon, das eine Jahr für Jahr in ihren Anforderungen qualitativ steigende "Erziehungsleistung" einfach von Eltern wie selbstverständlich abgefordert wird ... ohne das sie selbst dafür qualifziert werden. Und die Anforderungen werden für schicksalbeding Alleinerziehende nicht reduziert. Von dieser Arbeit profitieren aber alle, sie stellt die Zukunft dieses ganzen Landes dar -
aber bezahlen möchte das in Wirklichkeit keiner, Erziehungsarbeit bleibt selbstverständliches Hobby von Eltern. Auf eine Form von Sozialschmarotzerei).

O-Ton Arbeitsamt im Radiointerview WDR 5 (so vor zwei Wochen):
"Die über 55 - jährigen sind das Problem". Jo ... vierzig Jahre geschuftet wie ein Esel - und nun als Sozialschmarotzer angeprangert.

Wer bitte schön prangert mit gleichem Eifer jene Pleitebankmuftis an, die ihrer Führungsriege erstmal (nach Empfang stattlicher Milliardenhilfe) ein Menü für 3000 Euro (dreitausend in Worten, kein Schreibfehler) pro Person
kredenzt haben und dabei noch ... in aller Öffentlichkeit ... auf diejenigen prosteten, die ihr Geld verloren haben?

Ach ja, traut sich keiner ... ist wahrscheinlich wieder irgendwie "kommunistisch" (das dieser historisch gewachsene Reflex auf strukturelle Ungerechtigkeit/Unmenschlichkeit inzwischen Schimpfwort geworden ist, zeigt die den Erfolg der Umerziehung durch Konzernideologien am prägnantesten, finde ich persönlich).

Natürlich reicht es nicht, zu schimpfen, zu klagen, zu jammern, zu fordern.

Andererseits: die Gemeinschaftskarre, die durch ausufernden Mega-egoismus einiger weniger jahrhundertelang in den Dreck gefahren worden ist, läßt sich kaum mit ein paar Handgriffen aus jenem Dreck befreien, Lösungen dafür zu finden fällt selbst der Philosophie (deren eigentliche Aufgabe dies ja ist)
seit dem 19.Jhd. schwer (weshalb man ja auch von der "Krise der Philosophie" sprich ... und wenn diese Disziplin, deren Schwerpunkt das vernetzte Denken ist, Probleme hat, dann haben Denksysteme mit engeren Horizonten dies Probleme erst recht).

Vielleicht hilft etwas Konfuzius:

"Arm sein ohne zu murren, ist schwer. Reich sein, ohne hochmütig zu werden, ist leicht" (allerdings scheint mir letzteres angesichts der hochmütigen Aburteilungen von Alg-2-Empfängern durch ihre Zeitgenossen etwas leicht daher gesagt zu sein. Aber: wir sind ja fortschrittliche Menschen)

"Der Meister sprach: Hui war doch wirklich ein guter Mensch! Eine Holzschüssel voll Reis, eine Kürbisschale voll Wasser, in einer elenden Gasse. Andere Menschen hätten es in einer so trostlosen Lage gar nicht ausgehalten. Aber Hui lies sich seine Fröhlichkeit nicht rauben. Hui war doch wirklich ein guter Mensch".

(Zitate aus: Lehren des Konfuzius, Verlag Zweitausendeins, Seite 199/Seite 431)

Das wäre mal eine Maßnahme: Schulungen in der philosophischen Kunst des Glücklichseins für ALG 2 - Empfänger.

Die schweben dann mit glücklicher verzückter Miene zwangsweise konsumverweigernd durch Parks und Gärten, durch Wiesen und Wälder, Heine und Novalis zitierend, während in den Bürokasernen der moderne Arbeitssklave sein Leben verwelken läßt....was gäbe das für eine Sozialneidexplosion. ("Ja, wenn das denn alle machen würden, wo kämen wir denn da hin?" ... in eine schöne, neue Welt, will mir dünken. Mit einer weniger parasitären und schmarotzerischen Wirtschaftsordnung. Aber der Weg dahin wäre recht anstrengend ... und mit Verzicht und harter Arbeit verbunden. Das ängstigt natürlich die rundumverwöhnte bundesdeutsche Wohlstandsblase ... mal provokativ formuliert).

Dabei könnte man die Erkenntnis nutzen und die Quelle jenes Neides
aufspüren: unser Arbeitsalltag ist (größtenteils) unerträglich geworden in den letzten Jahrzehnten, Arbeitsunzufriedenheit erreicht in jeder neuen Studie Rekordhöhe.

Und produziert mehr faule Säcke.

Und wenn die dann arbeitslos werden ....
__________________
Mir will scheinen das sich nur der Verschwörungspraktiker von Verschwörungstheorien elementar gestört fühlen könnte.
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  #863  
Alt 04.11.2008, 10:31
Matrix29 Matrix29 ist offline
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ist schon echt hammer, was man hier so liest.
schimpft erst mal die oberbosse aus, die sacken so viel kohle ein das mir da schon schlecht wird.
wenn ich hier einige beiträge lese, da könnte ich jahre die hütte vollkotzen.
schon klar... an die großen kommt man nicht ran, da müssen dann die hartz IV leute dran glauben. einige menschen können nichts zu und besitzen nun mal eine lebensversicherung.
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  #864  
Alt 04.11.2008, 10:42
nofretete1969
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Wenn, ja wenn ich könnte....................

würde ich die 400 € - Jobs abschaffen, wo für wenig Geld die gleiche Leistung erwartet wird, wie für ein Vollzeitbeschäftigten, mit dem Unterschied, dass hier totale Flexibilität erwartet wird.

Der feine Unterscheid: Keine Einzahlung in die Sozialkassen, kein Dienst für die Allgemeinheit. Dafür läppische 400 € plus einen gewissen Obolus.

Feine Sachen die da laufen.................
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  #865  
Alt 04.11.2008, 10:49
Matrix29 Matrix29 ist offline
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Zitat:
Zitat von nofretete1969
Wenn, ja wenn ich könnte....................

würde ich die 400 € - Jobs abschaffen, wo für wenig Geld die gleiche Leistung erwartet wird, wie für ein Vollzeitbeschäftigten, mit dem Unterschied, dass hier totale Flexibilität erwartet wird.

Der feine Unterscheid: Keine Einzahlung in die Sozialkassen, kein Dienst für die Allgemeinheit. Dafür läppische 400 € plus einen gewissen Obolus.

Feine Sachen die da laufen.................
sehe ich genau so ^^
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  #866  
Alt 04.11.2008, 10:50
Philosoph Philosoph ist offline
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Zitat:
Eine der leidtragendsten Gruppe sind die Kinder - Seit dem Start von Hartz IV, hat sich die Zahl der armen Kinder und Jugendlichen verdoppelt, 2,5 Millionen leben auf Sozialhilfeniveau. Von knapp zwölf Millionen Kindern unter 15 Jahren lebt heute jedes sechste in Armut, in einigen Städten sogar jedes dritte Kind.
Da fällt mir doch glatt noch was ein: ein Gespräch mit einer Sozialarbeiterin der Caritas vor vier Wochen.

Jenseits aller öffentlichen Studien rechnet die Caritas in diesem Winter
ganz konkret in einer naheliegenden Großstadt mit Menschen, die den Winter nicht überleben werden.

Diese Menschen sind der Caritas namentlich bekannt (aber die finanziellen Möglichkeiten jener Organisation sind ebenfalls begrenzt).

Ich selbst ... darf diese Information gar nicht haben.

Aber ich darf hier meinen Unmut darüber äußern:

Vor unserer Nase erfrieren Menschen. In einem der reichsten Länder der Welt.

Leid von Menschen ist immer schlimm - überall.

Aber wenn es mitten im überquellenden Reichtum absichtlich gezüchtet wird, so hat die Moralphilosophie einen eindeutigen Begriff dafür:

Bösartigkeit. Abgrundtiefe, unmenschliche, unchristliche, verwerfliche asoziale undemokratische menschenfeindliche Bösartigkeit.

Und man sollte sich wenigstens nicht das Recht nehmen zu lassen, das Ergebnis jener Asozialpolitik beim Namen zu nennen, selbst wenn ihre Befürworter nochmal tausend ach so herrliche Sachzwänge wortgewaltig vollmundig ins Feld führen.
__________________
Mir will scheinen das sich nur der Verschwörungspraktiker von Verschwörungstheorien elementar gestört fühlen könnte.
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  #867  
Alt 04.11.2008, 11:03
nofretete1969
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Zitat von Philosoph
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Eine der leidtragendsten Gruppe sind die Kinder - Seit dem Start von Hartz IV, hat sich die Zahl der armen Kinder und Jugendlichen verdoppelt, 2,5 Millionen leben auf Sozialhilfeniveau. Von knapp zwölf Millionen Kindern unter 15 Jahren lebt heute jedes sechste in Armut, in einigen Städten sogar jedes dritte Kind.
Da fällt mir doch glatt noch was ein: ein Gespräch mit einer Sozialarbeiterin der Caritas vor vier Wochen.

Jenseits aller öffentlichen Studien rechnet die Caritas in diesem Winter
ganz konkret in einer naheliegenden Großstadt mit Menschen, die den Winter nicht überleben werden.

Diese Menschen sind der Caritas namentlich bekannt (aber die finanziellen Möglichkeiten jener Organisation sind ebenfalls begrenzt).

Ich selbst ... darf diese Information gar nicht haben.

Aber ich darf hier meinen Unmut darüber äußern:

Vor unserer Nase erfrieren Menschen. In einem der reichsten Länder der Welt.

Leid von Menschen ist immer schlimm - überall.

Aber wenn es mitten im überquellenden Reichtum absichtlich gezüchtet wird, so hat die Moralphilosophie einen eindeutigen Begriff dafür:

Bösartigkeit. Abgrundtiefe, unmenschliche, unchristliche, verwerfliche asoziale undemokratische menschenfeindliche Bösartigkeit.

Und man sollte sich wenigstens nicht das Recht nehmen zu lassen, das Ergebnis jener Asozialpolitik beim Namen zu nennen, selbst wenn ihre Befürworter nochmal tausend ach so herrliche Sachzwänge wortgewaltig vollmundig ins Feld führen.

Das ist ja widerwärtiger als man jemals zum Ausdruck bringen kann
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  #868  
Alt 04.11.2008, 13:02
aristo aristo ist offline
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Immer mehr Menschen bekommen nur Niedriglöhne

Der Niedriglohnsektor ist in Deutschland seit Mitte der 1990er Jahre
kontinuierlich gewachsen. Je nach Definition gibt es heute zwischen
8 und 9 Millionen Niedriglohnempfänger, darunter zwischen 3 und 4 Millionen
Vollzeitbeschäftigte. Mehr als eine Million Beschäftigte verfügen über ein
so geringes Arbeitseinkommen, dass sie zusätzlich Arbeitslosengeld II erhalten.

Zu den Grafiken:

Der Niedriglohnsektor wäschst immer schneller.

Was gilt als Niedriglohn


Die niedrigen Stundenlöhne sind in den letzten Jahren noch weiter gesunken


Laut IAQ (Uni Duisburg-Essen) sind die durchschnittlichen Stundenlöhne
der Niedriglöhner zwischen 2004 und 2006 zurück gegangen: in
Westdeutschland von 7,25 Euro auf 6,89 Euro und im Osten von
5,48 Euro auf 4,86 Euro. Mit einem Bruttostundenlohn von fünf Euro
oder weniger mussten 2006 demzufolge etwa 1,9 Millionen Arbeitnehmer
auskommen. Die IAQ-Wissenschaftler definieren den Niedriglohn wie
die OECD: Geringverdiener ist, wer weniger als zwei Drittel des mittleren
Lohns bekommt.


Entwicklung des Niedriglohns

Die unteren Berufsklassen verlieren


Die meisten Niedriglohnempfänger haben eine Ausbildung

Knapp drei Viertel der Niedriglöhner haben eine Berufsausbildung oder studiert.
Nur ein gutes Viertel hat keine Ausbildung. Der Anteil von Beschäftigten mit
abgeschlossener Berufsausbildung am Niedriglohnbereich ist zwischen
1995 und 2006 von 58,6 Prozent auf 67,5 Prozent deutlich gestiegen.

Ausbildung bietet wenig Schutz
__________________
Unsichtbar wird der Wahnsinn, wenn er genügend große Ausmaße angenommen hat.

Bertolt Brecht
_________________________________________
Alle sagten: Das geht nicht. Dann kam einer, der wusste das nicht, und hat es gemacht.

Hilbert Meyer

No Merkel - No Panic "Kein Rechtsanspruch auf Demokratie für alle Ewigkeit" Angela Merkel

No Party - No Panic "Kein Rechtsanspruch auf Parteiendiktatur für alle Ewigkeit" aristo
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  #869  
Alt 04.11.2008, 13:31
Amazonia
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Sie erfrieren nicht, weil sie kein Geld haben.

Sie erfrieren (eventuell), weil sie niemanden haben, der sich um sie kümmern möchte und vielleicht, weil sie keinen Antrieb haben, ihr Leben zu ändern.

Wenn ich lese die Caritas könne in so einem Fall nicht helfen, wegen begrenzter Mittel, dann sehe ich, das es eine tolle Entschuldigung ist, nicht tätig zu werden für andere, wenn man kein Geld hat.

Und noch viel schlimmer ist es, dass ihr das Gleiche glaubt. Das sehe ich Anhand eurer Reaktionen hier.
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  #870  
Alt 04.11.2008, 14:11
Grilleau Grilleau ist offline
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Wohlfahrtsverbände fordern Kürzung bei Hartz IV

Die Nachricht hat wohl bei vielen Menschen, besonders bei den Betroffenen, große Bestürzung ausgelöst. Wohlfahrtsverband, das ist doch ein Synonym für die Unterstützung der Armen und Schwachen.
Zunächst muss hier einmal klar werden, dass nur drei Verbände genannt werden:

* Das Deutsche Rote Kreuz (DRK)
* Die Arbeiterwohlfahrt (AWO)
* Die Diakonie

Jeden Wohlfahrtsverband muss man auch als eine politische Vereinigung ansehen, die entweder einer politischen Partei oder einer Kirche nahe steht. Dabei sollte bedacht werden, dass die Äußerungen dieser 3 Verbände nicht zwangsweise die Meinung derer widerspiegelt, die für diese Organisationen arbeiten, viele davon ehrenamtlich. Auch die vielen Zivildienstleistungen von Wehrdienstverweigerern sollten hier nicht vergessen werden. Solche Aussagen stammen von den leitenden Gremien und darunter dürften sich einige befinden, die Armut noch nie wirklich kennen gelernt haben, nicht einmal aus der persönlichen Anschauung.

Schauen Sie z. B. mal die Führungselite des DRK an und lesen sie deren Vita:
http://www.drk.de/generalsekretariat/

Vorstand des DRK
Leicht erkennbar wird, dass in dieser Führungsriege eine politische Nähe zur CDU unverkennbar ist.

Die AWO war seit jeher eine SPD-nahe Einrichtung. Man schaut dort vergeblich nach einem Organigramm eines Vorstandes. Dort wird lediglich der vertretungsberechtigte Vorstand Rainer Brückers (Geschäftsführendes Vorstandsmitglied) ausgewiesen. Symbolisch ist für mich das Logo der AWO, ein zerrissenes Herz mit den Buchstaben AWO. Soll es andeuten, dass man nur noch halbherzig bei der Sache ist?

Die Diakonie ist eine Einrichtung der Evangelischen Kirche. Aus den Reihen der Kirchen gab es bereits mehrfach irritierende Äußerungen zu Hartz IV. Angaben zum Vorstand finden Sie hier
http://www.diakonie.de/de/html/start/6_1457.html
So weit über die Organisationen. Wie aber sollen die in der Presse veröffentlichten Äußerungen mit dem selbstgewählten Auftrag dieser Verbände in Einklang gebracht werden? Bei der AWO ist das sehr leicht zu erklären. Zwei Passen in den Grundwerten erläutert das (fett):

* das Bekenntnis zu den unveräußerlichen Menschenrechten;
* die freiheitlich-demokratische Grundordnung als unverzichtbare Voraussetzung der sozialen Arbeit;
* die Entwicklung einer Gesellschaft, in der sich jeder Mensch in Verantwortung für sich und für das Gemeinwesen frei entfalten kann;
* das Eintreten für mehr Freiheit, Gerechtigkeit, Toleranz und Solidarität;
* der Anspruch des/der einzelnen auf Chancengleichheit und die gesellschaftliche und rechtliche Gleichstellung der Geschlechter;
* sozialem Unrecht entgegenzuwirken;
* die Achtung des religiösen Bekenntnisses und der weltanschaulichen Überzeugung des/der Einzelnen;
* den Rat- und Hilfesuchenden ohne Rücksicht auf deren politische, rassische, nationale und konfessionelle Zugehörigkeit beizustehen;
* die Anerkennung des Vorrangs der kommunalen und staatlichen Verantwortung für die Erfüllung des Anspruchs auf soziale Hilfen, Erziehung und Bildung sowie für die Planung und Entwicklung eines zeitgerechten Systems sozialer Leistungen und Einrichtungen;
* die partnerschaftliche und planvolle Zusammenarbeit zwischen Kommunen, Staat und freien Vereinigungen der Wohlfahrtspflege bei Wahrung der Unabhängigkeit dieser Vereinigungen. "

Die klare Unterordnung unter die Obrigkeit. Die Erklärung, die neben den Wohlfahrtsverbänden auch von Vertretern der kommunalen Spitzenverbände unterzeichnet wurde, zeigt, dass hier Kommunen, Städtetag und Wohlfahrtsverbände zusammen an dieser Erklärung gebastelt haben. In der Erklärung wird ja nicht die Senkung des Regelsatzes gefordert, sondern die Hinzuverdienstgrenzen sollen verringert und Freibeträge gekürzt werden.

Eine Aussage im Spiegelbericht ist geradezu schizophren:
Schon länger hatten die Kommunen gewarnt, dass eine mögliche Kostenexplosion bei Hartz IV die Finanzierung anderer Sozialmaßnahmen wie Kinder- und Jugendarbeit gefährde. Mit ihrer Erklärung haben sich die Wohlfahrtsverbände den Warnungen jetzt angeschlossen.
Schizophren deshalb, weil Hartz IV die Ursache für die stark wachsende Kinderarmut ist.

Der neoliberale Wettbewerb geht auch an den Verbänden nicht spurlos vorüber. In der Vergangenheit gab es staatliche Einrichtungen und welche von diesen großen Wohlfahrtsverbänden. Private Einrichtungen waren für die oberen Schichten der Gesellschaft vorhanden. Das hat sich geändert. Immer mehr Private sehen die Vorteile, die man hat, wenn man in dieses Geschäft einsteigt. Staatliche Zuschüsse, der Anspruch auf Gemeinnützigkeit und die Narrenfreiheit, die man in diesem Gewerbe leider genießt. Es gibt seriöse Untersuchungen, die besagen, dass rund 70 % dieser in der Jugend- und Altenpflege tätigen Einrichtungen geschlossen werden müssten, wenn die dort vorgefundenen Missstände und die Verstöße gegen gesetzliche Auflagen wirklich verfolgt würden.

Den Wohlfahrtsverbänden ist also private Konkurrenz erwachsen. Unbestreitbar ist, dass diese Wohlfahrtsverbände viel Gutes getan haben. Aber hier möchte ich differenzieren. Ohne das soziale Engagement der schlecht oder gar nicht bezahlten (ehrenamtlichen) Mitarbeiter wären die Organisationen wohl stets nur Unternehmen geworden bzw. geblieben. Wirklich getragen werden sie nicht von ihren Spitzengremien, sondern von der Basis. Z. B. hat sich die Führungsspitze des DRK mehrfach sehr unsozial in Szene gesetzt. In der Nazizeit war das Führungsgremium mit 150-prozentigen Nazis besetzt. Joachim von Winterfeldt-Menkin, Präsident des DRK von 1919 bis 1933 hatte schon vor dem Naziregime jüdischen Rot-Kreuz-Mitglieder ausgeschlossen und den Hitler-Gruß eingeführt. Ab 1933 wurde er Ehrenpräsident des DRK. Sein Nachfolger wurde der SA-Ehrenführer Carl-Eduard Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha, der, zwar ohne wirkliche Machtbefugnisse, zahlreiche Funktionen in der NSDAP durchlief. U. a. war er Mitglied im Aufsichtsrat der Deutschen Bank. Als 1937 SS-Oberführers Dr. Ernst-Robert Grawitz zum stellvertretenden Präsidenten ernannt wurde, wurde das DRK völlig zu einer Einrichtung des Hitler-Regimes umgestaltet. Gravitz hat sich besonders durch das Euthanasie-Programm Aktion T4, das die Versuche und die Ermordung von Behinderten zum Inhalt hatte, hervorgetan. Aber die DRK-Helfer an der Front haben mannigfaltig Leben gerettet, auch das der sogenannten Feinde.
Nach dem 2. Weltkrieg und der Reorganisation des DRK war es vor allem der DRK-Suchdienst für ausgebombte, vermisste, verschleppte, vertriebene Menschen, bis heute sehr erfolgreich Menschen wieder zusammengeführt hat.
Ein paar Zahlen (Stand 2001) zum DRK:

* 4,8 Millionen Mitglieder
* 3.700 soziale Einrichtungen
* 363 Altentagesstätten
* 240 Familienberatungsstellen
* 85.000 Hauptamtliche und
* 400.000 ehrenamtliche Helfer
* 54 Krankenhäuser
* 930 ambulante Pflegedienste
* Sammelt 80 % aller Blutspenden
* führt 60 % aller Krankentransporte durch
* 1 Bundesverband
* 19 Landesverbände
* 534 Kreisverbände
* 4.790 Ortsverbände

Wenn das DRK in die Schlagzeilen geriet, war es immer die Inkompetenz von Führungsgremien, ob nun bei dem Skandal um verkaufte Blutspenden oder um die Beinahe-Pleiten (z. B. der Landesverband Berlin). Fehlende Transparenz, fehlende überregionale Zusammenarbeit und selbstherrliche Beschlüsse der Führungsspitzen waren stets die Ursache für Turbulenzen.

Wie Meinungen auseinanderdriften, zeigt dieser Bericht des EPD West (Diakonie) http://www.epd.de/west/west_index_42684.html oder dieser Aussage des EPD Südwest http://www.epd.de/suedwest/suedwest_index_42527.html. Diese Presseveröffentlichungen regionaler Diakonie-Verbände stehen in krassem Widerspruch zu dem, was die Presse heute berichtet hat.

Eines ist auch klar. Die Wohlfahrtsverbände profitieren in erheblichem Maße von Hartz IV. Nirgendwo werden so viele Ein Euro Jobber beschäftigt, wie in den Wohlfahrtsverbänden. Die Jobber werden durchaus nicht immer nach den Kriterien "gemeinnützig, zusätzlich" beschäftigt. Werden sie als Kraftfahrer, als Schreiner, als Installateure und vieles mehr eingesetzt, ist das ungesetzlich und vernichtet legale Arbeitsplätze. So ergibt sich bei der Beurteilung ein Dilemma. Einerseits profitieren unbestritten viele Menschen von den Hilfsdiensten die Organisationen. Andererseits schädigen dann die Spitzen, die sich gerne im Lichte der Wohltätigkeit suhlen, das Ansehen der Organisationen, wie in diesem Fall.

Protest könnte helfen. Wenn z. B. die ehrenamtlichen Helfer Protestschreiben an die Verantwortlichen schicken mit der Drohung, falls man sich nicht öffentlich entschuldigt, würde man sein ehrenamtliches Engagement einstellen und sich stattdessen für einen anderen Verein, z. B beim paritätischen Wohlfahrtsverband engagieren.

Auch von anderen könnten Protestschreiben versendet werden. Ich werde z. B. an das DRK schreiben, an die unrühmliche und opportune Haltung der Führung während des Dritten Reiches erinnern und fragen, ob man bereits wieder auf dem gleichen Wege sei.


Grilleau
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