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  #111  
Alt 26.02.2008, 19:19
Amazonia
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So um auf die von mir gar nicht geäußerte "mangelnde Arbeitswilligkeit in der Bevölkerung" einzugehen, werde ich mich jetzt hier dazu äußern.
Da ich mehrfach per PN darauf angesprochen wurde.
Ich denke alle sollten es lesen, da es wohl zu Missverständnissen gekommen ist.

Ich habe keineswegs behauptet, alle oder die meisten Hartz IV Empfänger seien arbeitsfaul, wie es mir angedichtet wird.
Es möge mich doch bitte mal jemand zitieren.
Vorher kann ich dazu nichts schreiben. :P
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  #112  
Alt 26.02.2008, 21:40
simpel
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ähmm, würde dich ja gerne zitieren, wenn ich blos wüsste, auf welchen deiner zahlreichen posts du dich jetzt beziehst..:S

bin irgendwie der falsche Mann hier^^
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  #113  
Alt 26.02.2008, 21:44
Amazonia
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Tja, das ist hier die Frage . Ich würde mich ja selber zitieren, wenn ichs wüsste.
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  #114  
Alt 29.02.2008, 16:45
aristo aristo ist offline
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Die Lohnsklaven
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Unsichtbar wird der Wahnsinn, wenn er genügend große Ausmaße angenommen hat.

Bertolt Brecht
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Hilbert Meyer

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  #115  
Alt 01.03.2008, 19:46
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Nun ist es offiziell: Hartz IV führt zur Obdachlosigkeit! Was bisher von den bürgerlichen Medien immer wieder in Frage gestellt und als “Panikmache“ bezeichnet wurde, was die Politiker von SPD und Grünen wie auch von FDP und CDU/CSU immer wieder bestritten („Niemand braucht wegen Hartz IV befürchten, obdachlos zu werden!“), ist bereits seit einiger Zeit für Manche Realität geworden und wurde nun auch offiziell von der Stadt Duisburg verkündet: Hartz IV führt zur Obdachlosigkeit.

Hier mehr: http://karlweiss.twoday.net/stories/4668514/

Mal wieder Schmierenkomödie
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  #116  
Alt 04.03.2008, 00:39
aristo aristo ist offline
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Hier nun ein bemerkenswerter Artikel, denn ich nicht unkommentiert lassen kann.
Meine Kommentare sind kursiv dargestellt.


Die lassen uns verhungern

Das Erwerbslosen Forum Deutschland verzeichnet massive Zunahme an
rechtswidrigen Repressionen gegenüber Hartz IV-Beziehern


Bonn . Das Erwerbslosen Forum Deutschland hat sich mit scharfer Kritik an die Hartz IV-Behörden
gewandt, deren Mitarbeiter immer häufiger ihre Arbeit völlig willkürlich und ohne rechtliche Grundlagen
verrichten würden. Immer öfter würden sich Menschen an die Initiative wenden, weil ihnen scheinbar
ohne Benennung von Gründen die Leistungen entzogen worden sei, völlig rechtswidrige Sanktionen
verhängt wurden oder die Annahme von Hartz IV-Anträgen durch fadenscheinige Gründe unnötig in die
Länge gezogen würde. In fast allen Fällen, wo das Erwerbslosen Forum Deutschland den Betroffenen
Menschen helfen würde, hatte man eklatante Fehler festgestellt und die Menschen könnten ihre
berechtigten Ansprüche oftmals nur gerichtlich durchsetzen.

Die Berichte über eine schikanöse Vorgehensweise häufen sich, und zwar bundesweit
Mir liegen die internen Dienstanweisungen der Bundesagantur für Arbeit vor, die an die
ARGEn herausgegeben wurde. Aus diesen Dienstanweisungen ist eine derartige Vorgehensweise
weder vorgesehen noch geduldet. Der Grund ist ein anderer, dazu später mehr.



Die lassen uns verhungern« ist oft die Aussage von völlig verzweifelten Menschen, die sich an die
Initiative mit ihrer stark frequentierten Internetplattform wenden. »Oftmals haben die Menschen eine wahre Odyssee
hinter sich, bis sie zu uns gefunden haben. Dabei erleben sie eine Kaltschnäuzigkeit von Behördenmitarbeitern,
wie sie sie in ihren kühnsten Träumen sich nicht hätten ausdenken können«, so Martin Behrsing,
Sprecher des Erwerbslosen Forum Deutschland. Mitarbeiter würden den Menschen auf die Frage wovon
sie denn die nächsten Wochen überleben sollen oft entgegnen:»Das interessiert uns nicht«.

Hierzu muß man wissen, das Hilfsbedürftige als "Kunden" benannt und geführt werden und die
früher als Sachbearbeiter bezeichneten Argenturmitarbeiter heute "Fallmanager" heißen.
Der Kunde ist in diesem Fall nicht König.


Die Antragsannahme würde oftmals durch fortwährende Forderungen von völlig unnötigen Unterlagen
verschleppt. Dazu müssten die Menschen jedes Mal einen neuen Termin machen.

Diese Vorgehensweise ist in keinster Weise durch die Dienstanweisungen der BA gedeckt.
Doch nun kommts, es gibt in jeder ARGE ergänzende, interne, Dienstanweisungen.
Hierzu muß man die Organisationsstruktur einer ARGE sich vor Augen führen.

Diese ist wie folgt:

Fallmanager (übrigens stammt die begriffliche Neuorientierung von der Unternehmensberatung,
für teuer Geld, von "Roland Berger).
Teamleiter

Gruppleiter

Geschäftsführer

Diese Einteilung klingt wie eine Kloppertruppe vom AWD oder Hamburg Mannheimer, oder
die Drücker im Zeitschriftenvertrieb. (hier wird auch die Handschrift von Bertelsmann deutlich).
Und wie das bei Strukis so ist, gibt es unterhalb der Geschäftsführung eine Art Ranking.
Und dem größten Druck, wie im Strukturvertrieb üblich, ist der niedrigste Rang, in diesem
Fall der Fallmanager, ausgesetzt.

Der Gruppenleiter setzt in Abstimmung mit dem Teamleiter eine sogenannte Zielvereinbarung
(wieviele vermittelte Arbeitslose, aufgedeckte Sozialbetrüger, etc.) Zuvor war natürlich
der Geschäftsführer gegenüber seinen Gruppenleitern tätig, mit einem sogenannten
"Forecast" (Gesamtziel).

Der Teamleiter nun, gibt eine Vorgabe an die Fallmanager.

Schriftliche Aufzeichnungen über obige Arbeitsweise gibt es (fast) nicht.
Ich habe aber ein Gedächtnisprotokoll eines Teamleiters der in einem Meeting
die Fallmanager eingewiesen hat:

"Fragen sie ihren Kunden "Wohin soll die Reise gehen, welche Pläne haben sie?"
Fordern sie gemäß der Checkliste soviele Unterlagen an wie möglich.
Auch bei Fortzahlungsanträgen fordern sie das komplette Programm an Unterlagen.
Sie müßen immer davon ausgehen, dass sie belogen werden."

Das nur ein kurzer Auszug aus diesen Schulungen.


Die Krönung machte damit die Kölner Arbeitsgemeinschaft, die einen
Menschen 24 mal zu einem neuen Termin kommen ließ.
»Wir machen den Vorwurf, dass Menschen mit Migrationshintergrund, hilflose Personen
(etwa Drogenabhängige Personen) oder Menschen, die nur ein geringes Selbstbewusstsein haben,
besonders unter diesen willkürlichen Handlungen zu leiden haben und sich so etwas gefallen lassen«,
so die Inititiave. Zudem würden verstärkt die Behörden durch telefonische Nichterreichbarkeit und durch
den Einsatz von Sicherheitsdiensten, persönliche Vorsprachen ohne Termin verhindern. Termine würden
auch in Notlagen nicht zeitnah vergeben.

Ein besonderes Ärgernis sei, dass immer mehr Behörden Sanktionen oder Leistungseinstellungen
verhängen würden und dabei die einfachsten rechtlichen Grundlagen außer acht gelassen würden.
»Wir haben es jetzt wiederholt erlebt, dass Menschen an einem Tag direkt dreimal sanktioniert wurden,
bis der Regelsatz auf Null Euro war. Dabei wird sich weder an Verfahrensfristen gehalten, noch an die
Rechtsprechung. Oftmals wissen die Menschen auch noch nicht einmal, weswegen ihre Leistungen
eingestellt wurden und es passiert nicht selten, dass die Behörden sich das auch nicht erklären können,
aber für schnelle Abhilfe auch nicht sorgen können. »Wir sprechen hier nicht von Einzelfällen.
Wir beobachten dieses bundesweit und erleben seit ca. 5 Monaten zunehmende Repressionen
gegen Hartz IV-Bezieher.

Es ist uns bewusst, dass viele Mitarbeiter in den Behörden völlig überfordert
sind oder sich mit Hartz IV überhaupt nicht auskennen.

Sie sind überforder durch die internen Anweisungen, dazu kommt eine fehlende
Kenntnis des SGB.


Das darf aber nicht dazu führen, dass der von
oben angeordnete Druck auf dem Rücken der betroffenen ausgetragen wird oder Mitarbeiter dazu
übergehen und Entscheidungen aus dem Bauch treffen. Wir appellieren hier an den Bundesarbeits- und
Sozialminister Olaf Scholz, hier umgehend im Sinne der Betroffenen tätig zu werden«, so Behrsing in Bonn.
Das Erwerbslosen Forum Deutschland betont nochmals, dass Leistungen der Grundsicherung repressionsfrei
gewährt werden müssen, da sie ein soziokulturelles Grundrecht sind. Dies verlangt auch, dass die Menschen
ihre Ansprüche ohne Verzögerungen erhalten.

Quelle: PR-Sozial
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  #117  
Alt 06.03.2008, 00:34
aristo aristo ist offline
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Ich bin auf der Suche nach weiteren Infos und habe dazu
eine Mailadresse eingerichtet:

algzwei@googlemail.com

Falls ihr persönliche Erfahrungen oder einen Schriftwechsel (bitte anonymisiert)
die senden möchtet.

Hinweis:
Eine Rechtsberatung von mir kann nicht stattfinden.
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  #118  
Alt 06.03.2008, 01:12
aristo aristo ist offline
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Wieder ein klassischer Fall von Enteignung.

Oh, Michel wann wachst Du auf.
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  #119  
Alt 06.03.2008, 01:46
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Das ist ja der Oberknaller

Eimer kaltes Wasser ins Gesicht
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  #120  
Alt 08.03.2008, 17:05
aristo aristo ist offline
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Hartz IV. Eine Insiderin berichtet.

Frau K. ist Beamtin, Anf. 60, und arbeitet in einer Arbeitsagentur in einem der alten
Bundesländer. Sie möchte aus nahe liegenden Gründen hier anonym bleiben.


"Sie haben angedeutet, dass Sie zahllose schlechte Erfahrungen seit der
Einführung von Hartz IV gemacht haben?"

Frau K. sagt heftig: "Nein, ich mache nicht zahllose, ich mache vor allem eine
grundsätzliche, hässliche Erfahrung, und das ist die der Würdelosigkeit. Die ist
quasi schon per Gesetz so angelegt und zusätzlich wird sie dann noch durch
schlecht qualifizierte Kollegen verschärft. Dem Arbeitslosen ist seine Würde aberkannt worden
das schlägt natürlich auch auf uns zurück, ich habe eine richtige Wut im Bauch! Und da
stehe ich nicht alleine. Aber es sind hauptsächlich die Älteren, die, so wie ich, vor der Pensionierung
stehen, die noch die alte BA- Haltung vertreten, also die Haltung aus den 70er-Jahren, wo sich die
BA wirklich noch gekümmert hat um die Arbeitslosen. Und auch in den Zeiten zunehmender
Arbeitslosigkeit hatten die Vermittler diese - ich will mal sagen - solidarische Einstellung. Aber seit
eine Reform nach der anderen durch die Behörde jagt, seit es immer mehr um die Verschönerung
der Statistik geht, um betrügerische Manipulationen, siehe Jagoda usf., weht bei uns ein ganz
anderer Wind. Heute ist es so, dass wir ganz unmittelbar zu Mittätern beim Sozialraub gemacht
werden. Das Ganze wird als größte Arbeitsmarktreform Deutschlands angepriesen, von zwei
Millionen neuer Arbeitsplätze war die Rede, ,fördern und fordern' lautet die Devise. Wo gefördert
wird in diesem Land, haben wir gesehen, als gleichzeitig mit Hartz IV die 3. Senkung des
Spitzensteuersatzes beschlossen wurde. Unten jedenfalls wird ,gefordert'.


Das Ganze ist zugleich auch eine Vereinigung von zwei Behörden, sozusagen, denn durch den
Kompromiss sind die Kommunen mit ins Boot genommen worden.

(Anmerkung aristo: diese Zusammenlegung (Sozialamt und Arbeitsamt) hat das BverfG
mittlerweile als verfassungswidrig eingestuft.)


Das hat natürlich zu enormen zusätzlichen Kosten und Chaos geführt. Mitarbeiter aus den
Sozialämtern und viele Mitarbeiter aus der Arbeitsagentur wurden für Hartz IV in die neu
geschaffenen ARGEs (Arbeitsgemeinschaften zur Grundsicherung für Arbeitssuchende,
oder Arbeitsgemeinschaft SGB II) umgesetzt, dazu kamen noch mal 3.000 Hilfskräfte aus
den kurz vor der Pleite stehenden ehemaligen Betrieben, Telekom, Deutsche Bahn,
Deutsche Bundespost, da gibt's ja einen riesigen Beamtenpool, für den man bisher keine
Verwendung hatte, nach der Privatisierung. Und so kam es, dass ein beamteter
Starkstromtechniker aus Wuppertal plötzlich in Berlin als Sachbearbeiter auftauchte,
nach einer Kurzschulung. In den ARGEs besteht das Riesenproblem vor allem darin,
zwei Arbeitskulturen aus zwei unterschiedlichen Behörden zusammenzuführen. Das hat
es ja noch nie gegeben in der Geschichte der Bundesrepublik, dass kommunale und
Bundesbehörden zusammengeführt werden. Und wie es bei Beamten ist, einer kämpft
gegen den anderen, die eine Arbeitskultur kämpft gegen die andere, angefangen mit
der Frage, wie man eine Akte führt, und wer das Sagen hat. In den Händen der BA war
das Ganze ja eine glasklare, professionelle Angelegenheit. Damit ist es vorbei.


Die Zeit vom Juni bis Dezember 2004 war der reinste Horror, die Bearbeitung der ersten
Anträge auf Alg II, also auf das Arbeitslosengeld II. Es musste in großer Geschwindigkeit
gearbeitet werden, Anträge durchsehen, sind alle Unterlagen vorhanden - das ist ja ein
16-seitiger Antrag, zu dem vielfältige Unterlagen beizubringen sind. Und die Auflage aus
Berlin: Am 3. Januar müssen überall die Gelder auf den Konten sein, damit kein politisches
Desaster entsteht! Unter diesem Zeitdruck ist unheimlich schlampig gearbeitet worden, es
gab 15 Prozent und mehr Ablehnungen. Innerhalb der BA gab es eine heftige Leistungskontrolle,
täglich wurde Statistik geführt über die Antragsbearbeitung. Es wurden Sonderschichten
eingeführt, auch Wochenendarbeit, und es gab diese irrsinnigen Probleme mit der Software,
die ja bis heute nicht läuft. Also, dass der Laden nicht vollkommen zusammenbrach, ist nur
den Mitarbeitern zu verdanken. Und ein kleiner Teil ist hoch motiviert, der denkt trotz aller
Überlastung an die Leute draußen. Ein Hardliner in der Behörde, der kann diesen Übergangszustand
nutzen für Härte und Strenge und zum Vorführen der Kunden - wir nennen die Arbeitslosen nämlich
Kunden. Die wohlmeinenden unter den Kollegen können, in aller Stille, die gesetzlichen
Vorschriften im Sinne des Kunden auslegen. Die Machtbefugnis ist erschreckend groß.
Also der Punkt ist, und das muss man einfach sagen, der Charakter eines Mitarbeiters
entscheidet unter Umständen über Leben und Tod, er kann einen Suizid auslösen.
Er kann jemanden depressiv machen oder einen potenziellen Gewalttäter durch Demütigungen
zu einer tickenden Zeitbombe machen.

Er hat die Macht, Schicksale zu erzeugen. Und der andere Punkt ist der Druck,
unter dem diese ganze Angelegenheit steht, auch unter dem Druck, die Wahrheit zu
verheimlichen. So entsteht ein scharfer Korporationsgeist, wie bei der Polizei, Kritik wird
nicht geduldet. Das ist unerträglich! Der politische Druck wird, ausgehend von Berlin,
auf die Spitze der Behörde ausgeübt und von da weitergegeben, bis ganz nach unten,
bis zum Kunden letztendlich. Und der schweigt und ist erschüttert.

Jeder, der mindestens drei Stunden pro Tag arbeiten kann, gilt als ,erwerbsfähig', das ist
sozusagen ein Hauptbestandteil von Hartz IV. Und dadurch, dass es für erwerbsfähige
Sozialhilfeempfänger keine Sozialhilfe mehr gibt, sondern Alg II, wurden plötzlich ca.
90 Prozent der Sozialhilfeempfänger, auf einen Schlag sozusagen, zu erwerbsfähigen
Arbeitslosen. Man war stolz auf den Rückgang der Zahl an Sozialhilfeempfängern um
90 Prozent. Dass durch die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe natürlich
die Arbeitslosenstatistik enorm steigen wird, hat man offenbar nicht erwartet. Da gab's Geschrei.
Man wollte einfach nicht sehen, die Leute waren ja schon vorher arbeitslos! Es hat aber keinen
interessiert, sie waren ja unsichtbar, zu Lasten der Kommunen. Dazu kommt die Masse der
Leute, also der Arbeitslosen, die bisher Arbeitslosenhilfe bezogen haben -Arbeitslosengeld und
Arbeitslosenhilfe wurden ja nach SGB III abgehandelt - also die bekommen jetzt auch Alg II.
Nur für die Anspruchsberechtigten gibt es weiterhin Arbeitslosengeld I nach SGB III, aber die
Anspruchsdauer hat sich stark verringert - auch hier hat man eine dicke Salamischeibe
abgeschnitten im Rahmen der Umverteilung von unten nach oben. Ausgenommen sind für eine
Übergangszeit die über 58-Jährigen, sofern sie nach Paragraf 428/SGB III unterschrieben haben,
das heißt, sie konnten Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe zu "erleichterten Bedingungen"
beziehen, also Urlaubsanspruch, keine Meldepflicht, keine Eigenbemühungen usw., und dafür
müssen sie a) zum frühestmöglichen Zeitpunkt in Rente gehen und b) als ,Arbeitssuchende'
weiterhin den Vermittlungsservice der Agentur in Anspruch nehmen, das ist nur so pro forma.
Worum es eigentlich geht, die sind dadurch außen vor, die zählen nicht mehr als Arbeitslose,
sondern nur noch als Arbeitssuchende. Das ist der statistische Trick, die fliegen aus der Statistik
raus! Dann kommen noch dazu all diejenigen, die in einer Trainingsmaßnahme sind, Leute in
Fortbildung und Umschulung. Die dritte Gruppe, die aus der Statistik verschwindet, ist die mit den
1-Euro-Jobs, der ,Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung' Paragraf 16 Abs. B SGB II,
wie die Euro-Jobs im Amtsdeutsch heißen - oder auch nur Arbeitsgelegenheiten, Aktiv-Jobs,
Zusatz-Jobs, es gibt bundesweit keine Sprachregelung. 200.000 Arbeitslose wurden bereits in
1-Euro-Jobs vermittelt, 600.000 sollen es werden, bundesweit.

Bevor ich näher auf die 1-Euro-Jobs eingehe, möchte ich kurz noch was zum Alg II sagen, nur
so zum Grundverständnis. Also die Regelleistung beträgt 345 Euro in den alten Bundesländern
einschließlich Berlin Ost, und 331 Euro in den neuen Bundesländern, für einen Singlehaushalt.
Diese Kosten trägt der Bund. Die Kosten für die Unterkunft, die maximal 50 Quadratmeter, bei
selbst genutzten Eigentumswohnungen 120 Quadratmeter, haben darf für eine Einzelperson,
werden von den Kommunen getragen - bis auf die Ausnahmen der Optionskommunen, die noch
beides machen. Die Kosten der Unterkunft setzen sich aus Miete und Heizkosten zusammen,
plus der üblichen Betriebskosten. Die Kaltmiete soll den Betrag von 245 Euro nicht überschreiten.
Die Kosten für Haushaltsstrom und Warmwasserzubereitung sind übrigens in der Regelleistung
von 345 Euro bereits enthalten, was ja eigentlich eine Wohnung mit Bad überflüssig macht. Ist ein
Bad angemessen? Das müssen Sie selbst entscheiden. Angemessen ist eines der meistgebrauchten
Wörter. Angemessen im Vergleich wozu? Das Wort ist aus der Sozialhilfe mitübernommen worden.
Angemessen ist für jeden Langzeitarbeitslosen künftig der Haushalt eines Sozialhilfeempfängers,
weil er dem Alg II zugrunde gelegt wurde. Im Moment gibt es noch zahlreiche Erleichterungen,
Zusatzleistungen, Übergangsregelungen, aber ab 2006 ist das vorbei, dann wird es ernst.
Man hat zwar beteuert, man wolle Härten vermeiden, aber gerade die Härten sind ja das
Grundprinzip der ,Arbeitsmarktreform', die Privatisierung der sozialen Risiken ist auf dem Weg!
Und Alg II ist ja keine Versicherungsleistung, sondern eine steuerfinanzierte Fürsorgeleistung
will ich es mal nennen, ein Almosen eigentlich. Und Fürsorgezöglinge bzw. Almosenempfänger
dürfen sich nicht wundern, wenn sie hart rangenommen werden. Eines der vier Kriterien für
Alg II ist ,Hilfsbedürftigkeit'. Ein ,EHB', also ein erwerbsfähiger Hilfsbedürftiger, der um Almosen
ansucht, kann sich nicht gleichzeitig hinstellen und sagen, ich möchte also weiter als
Kunstpädagoge arbeiten, das habe ich studiert … Ja soll denn die Allgemeinheit Ihre luxuriösen
beruflichen Erwartungen finanzieren, diese Zeiten sind vorbei, Sie müssen sich jetzt schon
auch die Finger schmutzig machen, wie jeder andere auch! So. Das zum Beispiel meinte ich
mit der Würdelosigkeit. Also der Hebel, an dem die ganze Sache psychologisch funktioniert,
ist ,Hilfsbedürftigkeit' und ,Almosenempfänger', mit diesem moralischen Druck stopft man
den Leuten das Maul.

Also man bekommt diese Sozialleistung nur dann, wenn man hilfsbedürftig ist, und zwar mit der
Auflage, diese Hilfsbedürftigkeit durch egal was - wenn nicht aufzuheben, dann wenigstens
zu mindern, sozusagen als Gegenleistung, denn es gehört sich einfach so. Zumal es für alle
erwerbsfähigen Hilfsbedürftigen ja auch noch die ,soziale Absicherung' gibt. Auf der Basis der
Mindestbeiträge wird von der BA Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung abgeführt, was
natürlich das Problem endlos nach hinten verlängert. In den Job-Centern, in den ARGEs weiß
man natürlich genau, dass es, außer für ein paar gesuchte Fachkräfte, keine Arbeitsstellen gibt.
Also wird der Kunde, ohne Ansehen der Person sozusagen, in eine Maßnahme nach
Paragraf 16 Abs. 3 SGB II gesteckt, in eine Arbeitsgelegenheit, den 1-Euro-Job, beziehungsweise
wird in der Behörde gern vom Aktiv-Job oder Zusatzjob gesprochen. Bleiben wir bei 1-Euro-Jobs,
es handelt sich hier um subventionierte Arbeitsverhältnisse, wirklich sinnvoll daran ist lediglich die
Sache ,Zusatzjobs und Bildung', also wo junge Leute, oft ohne Hauptschulabschluss und
Arbeitserfahrung, gefördert werden und rauskommen aus der Lethargie des Nichtstuns. Für
viele andere Kunden stellt es sich als 1-Euro-Arbeitsdienst dar. Als pure Maßnahme. Die so
genannten Maßnahmeträger sind meist die Kommunen, Kirchen, Vereine, Wohlfahrtsverbände,
Archive, Denkmalpflege, Umweltschutz usw., die können bei den Job-Centern Arbeitskräfte
anfordern, für all die Tätigkeiten, die zwar wichtig und notwendig sind, aber auf Grund des
Niederganges dieser Republik schlicht und einfach nicht mehr finanziert wurden und sich
selbst überlassen waren. Es gibt so eine Positiv-negativ-Liste - diese Arbeiten sollen nach
dem Gesetz ja ,zusätzlich' sein und keinen regulären Arbeitsplatz gefährden oder ersetzen -
da wurde, in Absprache mit den Handwerkskammern, Unternehmerverbänden, der Wirtschaft,
den Kirchen und Wohlfahrtsverbänden eine Liste erstellt, welche Beschäftigung als Zusatzjob in
Frage kommt, und welche nicht. Es gibt nur wenige, die nicht in Frage kommen. Das Kriterium
,im öffentlichen Interesse' und ,gemeinnützig' lässt sich ja beliebig ausdehnen. Aus der
Arbeitslosenarmee wird so unter der Hand eine Billiglohn-Reservearmee, so wie die Wirtschaft
sie braucht. Wir machen dann also mit dem Kunden eine so genannte Eingliederungsvereinbarung
über den Zusatzjob, die gilt für 6 Monate, kann verlängert werden, 30 Wochenstunden sollen nicht
überschritten werden, damit noch, man höre, Zeit bleibt für Bewerbungen. Und das Schöne,
sobald die alle in so einem Zusatzjob sind, gelten die nicht mehr als arbeitslos, sie sind nur
,Arbeitssuchende' und werden somit aus der Statistik rausgenommen.

Und damit das auch wirklich klappt, hat man Zumutbarkeitsregelungen erlassen, also zumutbar
ist jedem Erwerbsfähigen jede Arbeit, auch bei stark untertariflicher Entlohnung bis an die Grenze
der Sittenwidrigkeit. Zumutbar für reguläre Jobs ist Mobilität bis in ein anderes Bundesland,
auch Pendelzeiten bis zu drei Stunden täglich sind zumutbar, wenn Arbeit dadurch zu
bekommen ist. Die 1-Euro-Jobber, die den Zumutbarkeitsregelungen besonders unterworfen
sind, dürfen als kleinen Anreiz die volle Summe des Zuverdienstes behalten, während die
Zuverdienstregelung sonst bei maximal 30 Prozent liegt. Falls aber das Zuckerbrot nicht zieht,
dann haben wir ja noch die Peitsche in Form der Sanktionen, die regelwidrigem Verhalten und
unverschämtem Anspruchsdenken ein Ende machen. Wer zum Beispiel die Eingliederungsvereinbarung
verweigert, dem wird sie per Verwaltungsakt festgesetzt und es kommt zu einer 30-prozentigen
Leistungskürzung. Bis 100 Prozent bei weiteren Weigerungen. Jugendlichen wird rigoros alles
gestrichen. Kosten für Unterkunft und eventuellen Mehrbedarf (bei Diabetes usw.) bleiben erst
mal unberührt, schon um Obdachlosigkeit zu verhindern. Jede Strafe gilt für drei Monate. Es
können Sachleistungen, Lebensmittelscheine beantragt werden, aber das wird dem Kunden
nicht unter die Nase gehalten, wer's nicht weiß, muss verzichten. Also es gibt eigentlich keinen
triftigen Grund, eine Arbeit zu verweigern, außer Sie sind physisch oder psychisch krank, sind
also nicht diese Mindestzeit von drei Stunden täglich erwerbsfähig, dann wird das erst mal
überprüft, die Behörde hat einen eigenen medizinischen und psychologischen Dienst, da haben
Sie sich vorzustellen zur Untersuchung. Und egal, was an Gutachten von Hausärzten usw.
existiert, was an Befunden vorliegt, Sie werden von diesem medizinischen Dienst überprüft und
begutachtet. Befindet man Sie als erwerbsunfähig, sind Sie ein Fall fürs Sozialamt, das gibt es
für die Nichterwerbsfähigen ja nach wie vor; und für ältere und alte Frauen zum Beispiel, die
ganz fürchterlich kleine Renten bekommen, die alle bekommen ,Sozialgeld', so heißt es jetzt.

Ich möchte noch hervorheben, dass der typische Alg-II-Empfänger, der EHB, der erwerbsfähige
Hilfsbedürftige, längst nicht mehr der stark tätowierte Kunde ist, der mit der Bierflasche in der
Warteschlange steht, nein, das ist die Krankenschwester, die Kindergärtnerin, die Verkäuferin,
das ist der Industriekaufmann, der kleine Selbstständige. Denn es trifft vermehrt auch den
Mittelstand, und zunehmend kommen auch Führungskräfte und Akademiker, die alle dem
gleichen Ritual unterworfen werden. Und diese Gruppe ist natürlich von Hartz IV besonders
getroffen, denn das gehörte bisher eher nicht so zu den Lebenserfahrungen in diesem sozialen
Milieu. Also stellen Sie sich eine Führungskraft vor, die durch eine Übernahme oder eine Fusion
plötzlich ausgebootet wurde, und weil er schon zu alt war, auch keinen Posten mehr gefunden hat.
Also die Tür geht auf und da kommt dieser typische erfolgreiche Businessman, wie man ihn von
Bildern kennt, der kommt herein, Anfang 50, seit eineinhalb Jahren arbeitslos, jemand, der niemals
mit der Bahn zur Arbeit gefahren ist - aber Sie können sich ebenso gut einen Journalisten, einen
Arzt oder Juristen denken - und der Mann hat natürlich ein entsprechendes Auto, die entsprechende
Wohnung, war vielleicht Kunstliebhaber oder bibliophil, hat kleine Schätze, die entsprechende
Wohnung, den entsprechenden Lebensstandard, zwei Kinder auf der Uni, geschieden. Und
dieser Mann muss nun einen Antrag auf 345 Euro im Monat stellen, und alles offen legen, alles
vorlegen! Er weiß, seit dem 1. Mai gibt es kein Bankgeheimnis mehr. Er hat eine 150 Quadratmeter
große Luxuswohnung zur Miete. Er hat Zeitungs- und Buchabos, er geht aus, ins Theater, in die
Oper usw., das alles konnte er als Empfänger von Arbeitslosengeld und auch bei der abgestuften
Arbeitslosenhilfe zahlen, denn er bezog den Höchstsatz. Mit Hartz IV ist das vorbei. Nun sind all
seine Bilder, seine wertvollen Gegenstände und Besitztümer ,in Geld messbare Güter', die zu
berücksichtigen sind bei der Anrechnung aufs Vermögen, die auf dem ,ortsüblichen Markt'
veräußert werden müssen. ,Angemessener' Hausrat kann behalten werden, also Gegenstände,
die zum Wohnen und zur Haushaltsführung ,nötig und üblich' sind. Unter 58 dürfen Sie ein frei
verfügbares Vermögen von 200 Euro pro erreichtem Lebensjahr haben, was drüber geht, wird
auf die Gesamtbedarfssumme angerechnet. Ein ,angemessenes' Auto darf man behalten
(Wiederverkaufswert von höchstens 5.000 Euro), Aktien, Fondsanlagen usw. müssen aufgelöst
und verwertet werden, auch wenn Verluste entstehen. Also unser Mann wird zuerst sein
Vermögen aufbrauchen müssen, wenn das auf null ist, dann würde sein Anspruch wieder
aufleben. Das ist natürlich der Moment, wo den Leuten die Tränen in die Augen treten.

Ich will Ihnen die prekäre Lage eines Alg-II-Empfängers mal ganz kurz vor Augen führen, von
den 345 Euro bleiben nach Abzug der Heißwasser- und Stromkosten, nach Abzug von
Fahrtkosten, Bank- und Praxisgebühren, Grundgebühr für Telefon usw. kaum noch nennenswerte
Beträge übrig für Lebensmittel, Tabak, Schwimmbad, Friseur. Da können Sie alles streichen,
Zeitung, Bücher, Kultur, Kino, Essen gehen, Kleidung, den schnellen Internet-Zugang, Ihr Auto
sowieso. Alg-II-Empfänger mit zu teuren Wohnungen haben ein halbes Jahr Zeit zum Umziehen,
irgendwo an den Stadtrand oder in eine Hinterhauswohnung. Also das ist kein Leben, mitten
im gesellschaftlichen Reichtum, den diese Herren der Hartz-Kommission ja ganz selbstverständlich
und im Übermaß für sich in Anspruch nehmen. Nein, das ist staatlich verordnetes Vegetieren,
jenseits vom normalen - noch normalen - gesellschaftlichen Leben. Was dabei herauskommt, ist
die Produktion von Parias. Das ist dem Mittelstand und den gebildeten Schichten immer noch
nicht klar, dass die Maßnahmen auch sie erfassen können, deshalb wundert mich eigentlich
die Ruhe im Lande.

Sie fragen mich, weshalb ich Ihnen das alles eigentlich erzähle? Die Antwort ist ganz einfach:
Ich gehöre zu der Generation, die gelernt hat, dass man zum Unrecht nicht schweigen darf, so
wie es die Generation unserer Eltern weitgehend getan hat. Und ich habe schon viel zu lange
geschwiegen! Das Problem ist ja nicht neu, das ging ja schon los, als die Massenarbeitslosigkeit
unübersehbar wurde, und keiner von uns durfte den Begriff in den Mund nehmen, ich glaube,
damals waren es zwei Millionen, am Ende der Ära Schmidt. Und verdoppelt hat Kohl. Schröder hat
größtenteils geerbt und die Sache nun vollends in den Sand gesetzt. Die Rot-Grünen hatten die
Chance, was wirklich Modernes zu tun: Einführung eines existenzsichernden, bedingungslosen
Grundeinkommens. Das Geld ist da und wird verpulvert. Für den Erhalt von vorsintflutlichen
Privilegien. Seit 30 Jahren gibt es keine Demokratie mehr. Auch das fing unter Schmidt schon an,
dass ein kanzlerdiktatorischer Staat durchgezogen wird, dass die Verfassung permanent unterhöhlt
wird, durch höchstrichterliche Beschlüsse in Karlsruhe, die die Krisenentscheidungen einer der
drei Gewalten immer wieder verfassungsmäßig absegnen. Auch das, was der Bundespräsident
jetzt zu den vorgezogenen Wahlen gesagt hat, war windelweiches Absegnen. Gleichzeitig gibt der
Staat durch Privatisierung viele seiner ureigenen Aufgaben auf, ohne sich legitimieren zu müssen,
wozu er denn eigentlich noch da ist in Form einer schwerfälligen, teuren, ineffizienten Bürokratie
und Behördenqualle. Es gibt Gerüchte, dass sich die hohen Herren von Gerling und Allianz in
Nürnberg die Klinken in die Hand geben, es geht um die Privatisierung der Arbeitslosenversicherung,
um die Privatisierung der Bundesagentur letztlich. Zu all dem darf man einfach nicht schweigen,
es belastet mich. Ich bin ja nicht gerade eine Revolutionärin, aber ich habe eigentlich ein ganz
klares, nennen wir's mal ,christlich-protestantisches' Weltbild, und da geht es zentral um so was
wie soziale Gerechtigkeit und Solidarität.

Und deshalb sehe ich natürlich jeden Tag rot, wenn so eine gewaltige Fehlentscheidung wie
Hartz IV von uns Beamten durchgeboxt werden soll. Wir wissen genau, es gibt keine Arbeitsplätze,
aber ich stehe unter dem Leistungsdruck, bestimmte Vermittlungszahlen, pro Vierteljahr, pro
Halbjahr, pro Jahr zu erbringen. Also bin ich auf das Wohlverhalten, die Fügsamkeit des
Kunden total angewiesen. Und dieses Wohlverhalten erzeuge ich, indem ich meinerseits
Druck ausübe, oder, was fast noch schlimmer ist, indem ich den Kunden wie einen Menschen
behandle. Was aber eigentlich anzustreben ist, er muss vermittelt werden. Und da gibt es
eben die ,vermittlungsrelevanten Merkmale', die datenmäßig erfasst werden. Es gibt
Schlüsselkennziffern, mit denen auch jedes Gespräch, das stattfindet, festgehalten wird, und
hinter so einer Kennziffer steht zum Beispiel, ich habe dem Kunden einen Vermittlungsvorschlag
für einen Zusatzjob ausgedruckt, damit ist der Tatbestand ,Vermittlungsangebot' bereits erfüllt
und geht in die Statistik ein, der nächste Schritt ist natürlich, dass der Kunde auch in die Maßnahme
eingeschleust wird und aus der Arbeitslosenstatistik verschwindet. Und unsere Auflage ist nun,
so viel wie möglich vermittlungsrelevante Merkmale zu erzeugen, denn bis zum 30. 12. sollen
alle unter 25 in einer Maßnahme drinstecken, und die über 25 sollen auch vermittelt werden,
wie soll das gehen? Achtzig Prozent der Arbeit, die wir täglich machen, geht in die Bewältigung
von Verschlüsselung, in die Herstellung der Statistik! Dabei sollen wir uns ,intensiv' um die
Arbeitslosen kümmern, Fakt ist aber das reinste Chaos in den Jobcentern bundesweit.
Gedränge, Schlangen, lange Wartezeiten, überlastete und genervte Sachbearbeiter,
verschwundene Akten und Unterlagen, kaum Auskunft, dauernd besetzte Telefonleitungen.

Es gibt so genannte Taktzeiten. In den ,Kundenzentren', zu denen bis Ende 2005 alle
Arbeitsagenturen verwandelt werden sollen - sieht dann aus wie bei den Banken - sind nur
noch drei Minuten vorgesehen, in denen der Kunde abgefertigt sein muss. Für Antragsteller
gibt es noch 15 bis 30 Minuten, für den Erstantrag, für 16 Seiten! Wenn's absehbar ist, er
braucht länger, dann nach Hause schicken mit Merkzettel über das, was fehlt, und: ,Der
Nächste bitte!'. Aller Druck, alles, was die Behörde grundsätzlich nicht fähig ist zu leisten,
wird gnadenlos auf den Kunden abgewälzt. Und es entsteht auch dadurch so eine brutale
Überheblichkeit, die in den internen Gesprächen immer wieder zum Vorschein kommt: Keiner
von denen will in Wirklichkeit arbeiten, die wollen nur die Kohle, alles notorische
Arbeitsverweigerer, ja wissen denn die Arschlöcher immer noch nicht, dass jede Arbeit zumutbar
ist? Bei mir haben die nichts zu lachen, da heißt es fordern! Das ist so der Tenor, und leider
muss ich sagen, sind dabei die Frauen die Schlimmeren, zu 80 Prozent bestimmt. Aber es gibt
eben auch die andere Seite, die Kritischen, und das werden immer mehr nach dem ersten
Schreck über den völligen Umbau der Bundesanstalt. Es ist einfach nicht zu übersehen,
was los ist, was vor sich geht. Das Ganze ist ja von Wirtschaftsleuten nach wirtschaftlichen
Kriterien kreiert worden, es soll unternehmerisch gedacht und gehandelt werden, marktorientiert.
Der Bismarck'sche Sozialversicherungsstaat wird in einen Almosenstaat verwandelt, die
sozialversicherten Arbeitslosen in ein Heer von Almosenempfängern und billigen
Dienstleistungssklaven. Die können ja keinen ,sozialen Frieden' mehr gefährden.
__________________
Unsichtbar wird der Wahnsinn, wenn er genügend große Ausmaße angenommen hat.

Bertolt Brecht
_________________________________________
Alle sagten: Das geht nicht. Dann kam einer, der wusste das nicht, und hat es gemacht.

Hilbert Meyer

No Merkel - No Panic "Kein Rechtsanspruch auf Demokratie für alle Ewigkeit" Angela Merkel

No Party - No Panic "Kein Rechtsanspruch auf Parteiendiktatur für alle Ewigkeit" aristo
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