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Alt 05.02.2009, 20:35
Grilleau Grilleau ist offline
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Standard Artikel ueber Afghanistan

Jürgen Todenhöfer hat eine scharfsinnigen Artikel ueber Afghanistan im Magazin der Sueddeutschen Zeitung geschrieben.

Hier einige Auszuege:

Sie können uns Rebellen nennen und sagen, wir verdienten keine bessere Behandlung. Aber denken Sie daran, dass wir auch als Rebellen Gefühle haben und dass wir an denen Vergeltung üben werden, die wir als ungerechte Invasoren unserer Rechte und Freiheiten betrachten. (George Washington in einem Brief an den britischen General Lord Howe während des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges)

1. Der Westen hat sich aus der Rolle des Befreiers in die Rolle des Besatzers gebombt.
2. Afghanistan spielt im globalen, antiwestlichen Terrorismus keine Rolle mehr

Die bis zu 30000 Neo-Taliban haben zwei Ziele: den Sturz der prowestlichen Regierung in Kabul und die Vertreibung der Besatzer. Anschläge auf westliche Städte interessieren sie nicht. Das Gleiche gilt für die einigen hundert mit ihnen verbündeten islamistischen Wanderguerillas, jene internationalen Brigaden, die sich Al-Qaida nennen, obwohl sie keinen einzigen wirklichen Al-Qaida-Führer kennen. Auch für sie liegen unsere Städte weit außerhalb ihres Horizonts.

Truppenverstärkungen liegen auch nicht im westlichen Interesse. Selbst wenn die USA ihr gesamtes Bombenarsenal auf den Hindukusch werfen und alle Taliban und Al-Qaida-Wanderguerillas töten würden, wäre der Terrorismus, der unsere Städte bedroht, nicht besiegt. Im Gegenteil: Er würde noch mehr Zulauf bekommen. Wer hat Verteidigungsminister Jung den unsinnigen Satz eingeflüstert: »Entweder wir bekämpfen den Terrorismus in Afghanistan, oder der Terrorismus kommt zu uns«? Und wer den noch schlimmeren Satz, die Bundeswehr kämpfe am Hindukusch »im Bewusstsein der Verantwortung vor Gott«? Deutsche Gotteskrieger, das hat uns gerade noch gefehlt!

1. Stärkung der afghanischen Sicherheits-kräfte. Ein afghanischer Nationalarmist verdient 100 Dollar pro Monat, ein Talib bis zu 400, ein Bundeswehrsoldat fast 4000 Dollar allein als Zulage. Afghanische Sicherheitskräfte müssen deutlich mehr verdienen als die Taliban.

2. Schulen statt Bomben. Wir müssen den Wiederaufbau wieder in den Mittelpunkt unserer Afghanistanpolitik stellen. Nur zehn Prozent der Ausgaben für Afghanistan gehen in Entwicklungshilfe.

5. Dreijahresplan zum Truppenabzug. Mit dem Rückzug der Nato würden die Taliban ihre einzige »Existenzberechtigung« verlieren. Die meisten Afghanen wollen kein Comeback der Taliban. Sie unterstützten sie aus purer Verzweiflung über die Rambopolitik der Besatzer.

Trotzdem behaupten westliche »Experten«, die meist noch nie in Pakistan waren, dort liege das neue Zentrum des globalen Terrorismus. Doch Pakistan hat im Kampf gegen die »Taliban« und deren ausländische Verbündete inzwischen 120000 Soldaten in den Stammesgebieten stationiert. Das ist fast das Doppelte des westlichen Truppenaufgebots in Afghanistan. Die pakistanische Armee geht gnadenlos gegen die Aufständischen vor. Selbst US-Verteidigungsminister Robert Gates fand hierfür lobende Worte.

Mit dem Internet haben sie (die Diaspora-Terroristen) ein ideales Kommunikationsinstrument. Hier erfahren sie aus aller Welt, warum und wie sie Bomben bauen sollen. Das Internet ist Hassprediger und Trainingslager in einem. Das »World Wide Web« gibt ihnen das Gefühl, trotz Anonymität Mitglied einer großen Bewegung zu sein. Die Bomben, die sie bauen, sind technisch anspruchslos, aber auch billig. Die Londoner U-Bahn-Anschläge 2005 kosteten gerade einmal 2000 Dollar. Es sind zweitklassige Waffen für zweitklassige Terroristen – die Antwort auf eine zweitklassige Politik des Westens.

Das Argument westlicher Politiker, Afghanistan werde dann wieder zur Terroristen-Hochburg, zeugt von beachtlicher Unkenntnis der afghanischen Geschichte. Afghanistan ist keine »geborene« Räuberhöhle. Es wurde erst durch eine Kette von Fehlentscheidungen der Großmächte das Zufluchtsland der Al-Qaida. Die westliche Unterstützung für Bin Ladens Brigade im Freiheitskampf der Afghanen gegen die Sowjetunion beruhte auf einem Beschluss der Geheimdienste der USA, Pakistans und Saudi-Arabiens. Das afghanische Volk ist nie gefragt worden. Auch die afghanischen Mudschaheddin lehnten »die Ausländer« überwiegend ab. Sie wollten sich selbst befreien und nicht von internationalen Brigaden befreit werden.

Die Afghanen standen Bin Laden jetzt noch ablehnender gegenüber. Nach dem 11. September 2001 forderte ihn die Schura Ulema, die Ratsversammlung der höchsten afghanischen Geistlichen, nach einer dramatischen Sitzung auf, freiwillig das Land zu verlassen – obwohl er damals noch jede Beteiligung an den Anschlägen bestritt.
Heute wissen alle Afghanen, dass sie einen Großteil ihres Elends Bin Laden verdanken. Sie werden nicht zulassen, dass er ihre Gastfreundschaft erneut missbraucht.

Wer die zentrale Motivation der Diaspora-Terroristen beseitigen will, muss die mus-limische Welt so behandeln, wie er selbst behandelt werden möchte – mit Fairness und Respekt. Der US-Präsident Barack Obama hat hier die richtigen Worte gefunden. Der Westen muss endlich aufhören, die Muslime wie »Halbaffen« (Jean-Paul Sartre) zu behandeln, denen man mit Bomben Zivilisation beibringen muss.

Muslime sind nicht extremistischer als wir. Kein muslimisches Land hat in den letzten 200 Jahren den Westen überfallen, aber unzählige Male sind wir in ihre Welt einmarschiert. Statt zu versuchen, die muslimische Welt niederzuringen, sollte der Westen versuchen, sie aufzubauen, wie die USA nach dem Zweiten Weltkrieg Deutschland aufgebaut haben. Was könnte man nicht alles mit dem jährlichen US-Kriegsbudget von 186 Milliarden Dollar erreichen!

Im Irankonflikt bedeutet eine Politik präventiver Verhandlungen, dass die USA endlich auf den Iran zugehen. Sie müs-sen ihn aus der Haltung eines Desperados, der nichts zu verlieren hat, herausholen – mit einem »Grand Bargain«, bei dem die USA die Wirtschaftssanktionen aufheben und die Sicherheit des Iran garantieren, während der sich in der Nuklearfrage bewegen und konstruktiv an der Lösung des Irak- und des Palästinakonflikts mitarbeiten müsste.

Innenminister Schäuble hat den klugen Satz gesagt: »Muslime sind Teil der deutschenGesellschaft, damit Teil unserer gemeinsamen Zukunft.« Gerade weil der Diaspora-Terrorismus auch in Deutschland gärt, müssen wir die überwältigende Mehrheit friedlicher Muslime integrieren – wir alle, nicht nur der Staat. Ein freundliches Wort, eine Einladung für den muslimischen Nachbarn erreichen oft mehr als staatliche Anordnungen.

Eigentlich sollte hier als vierte Forderung stehen, dass alle westlichen Politiker, die für Kriege stimmen, dreißig Tage an die Front müssten. Das hieße: deutsche Politiker in Spähtrupps nach Kunduz und US-Politiker auf Patrouillenfahrt nach Mosul und Kandahar. Damit sie einmal in die Augen der Menschen schauen, über deren Leben sie so »großzügig« entscheiden.

Ich weiß, diese Forderung klänge absurd – vor allem wenn man sich einige unserer Sofa-strategen an der Front vorstellt. Aber ist es nicht noch absurder, Bomben auf Menschen zu werfen, die uns nichts getan haben? Und junge Soldaten in Kriegen sterben zu lassen, über deren Torheit man noch in Jahrhunderten fassungslos staunen wird? Hat Peter Ustinov nicht recht, wenn er sagt: »Krieg ist der Terrorismus der Reichen«? Könnte es sein, dass die Staatsraison des Westens, Terroristen seien immer nur die anderen, eine zynische, selbstgerechte Lebenslüge ist?

Quelle:
http://sz-magazin.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/28004


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