Hunger Religion und Pollitik/ wie mitgefühl entwickeln?
Jetzt habe ich mir alles durchgelesen, die folgende Antwort bezieht sich auf einige von Amazonias Kommentaren von Seite 1. Diese Punkte sind auch in der weiteren Diskussion wieder aufgetaucht.
Der Text handelt davon, wie man einen Zugang zu einem tieferen Bewusstsein finden könnte, ein Teil der Menschheit zu sein. Und es geht darum, wie uns Religionen und politische Gruppierungen daran hindern.
Armut und Hunger sind nicht weit weg, trotzdem scheinen wir auf der uns bewussten Wahrnehmungsebene kaum einen Bezug dazu zu haben. Eine Frau polnischer Herkunft, die meine Argumentation gut nachvollziehen konnte, kannte das Problem der Nahrungsmittelbeschaffung aus ihrer Heimat.
Eine Methode, um besser mit dem kollektiven Unterbewusstsein in Kontakt zu treten, besteht darin, Schmerz zuzulassen und auf ihn zu hören.
Die Auslöser für Schmerz und Traurigkeit mögen sehr unterschiedllich sein und scheinbar nur mit unserer momentanen Lebenssituation zu tun haben. Was ich daraus lernen kann, geht darüber hinaus. Schmerz bringt uns nicht gewollten Bereichen von uns selbst näher, dazu gehören sowohl abgespaltene Anteile aus unserer individuellen Lebensgeschichte, als auch das Bewusstsein dafür, ein Teil der Menschheit zu sein.
Nun zu Religionen, auf den Schmerz werde ich am Ende nochmal zurückkommen:
Religionen, besonders monotheistische mit einem dualistischen Weltbild wie die Christliche, spalten das Universum in Gut und Böse, Oben und Unten,richtig und falsch, Mann und Frau, Geist und Körper... Sie entlasten uns ähnlich wie die unterschiedlichen politischen Gruppierungen von unserer Verantwortung, indem sie die Ursachen für Misstände in höheren Mächten sehen. Der Hunger ist eine Folge von dem mangelnden Glauben an und Engagement für Gott und eine der Kirchen (...oder setze eine der anderen grossen Weltreligionen ein), bzw. eine Folge der mangelnden Unterstützung für eine politische Doktrin, eine Partei, eine politische Strömung, einen Staat, ein Gesellschaftssystem. Es werden jedesmal Systeme angepriesen, welche die bösen Mächte und das Schlechte an sich zu ersetzen vorgeben. Das Zusammenwirken von Religion und Politik ist kein Zufall.
Wenn man die Trennung der christlichen Kirchen von Körper (schlecht) und Geist (gut) als besonders wichtigen Faktor in Betracht zieht, kommt man dem Problem unserer "Zivilisation" näher. Nehmen wir an, dieses Denken ist im Wertesystem, in der Erziehung, in der Psyche unserer Kultur tief verankert: Wir nehmen nur einen sehr kleinen Teil unserer Beobachtungen bewusst wahr. Das Unterbewusstsein unterscheidet nicht
zwischen verschieden Formen des Körperlichen und Sprituellen. Also wird unbewusst jede Wahrnehmung des Körperlichen wie Hunger und überhaupt der eigene und jeder andere Körper als schlecht, unbedeutend und hässlich interpretiert. Damit wäre auch die Besessenheit der Industrienationen mit der Verpackung, mit dem äusseren Erscheinungsbild erklärt. Die Eitelkeit bekommt nie genug.
Sehr traurig ist, dass aufgrund unserer Programmierung jede direkte Wahrnehmung durch den Körper, das direkte Empfinden, dazu gehören natürlich auch Berührungen und Sexualität als nebensächlich und schlecht angesehen werden. Von dieser Verteufelung von direkter Erfahrung,Schönheit und Sexualität und unserem gleichzeitigen Verlangen danach, profitiert die Marktwirtschaft. Dieser Zwiespalt - unser ungestilltes, verbotenes Verlangen - wird von den Medien und
von der Werbung immer wieder auf die Spitze getrieben, und es werden Millliarden damit verdient.
Das Phänomen Hunger aus Armut spielt in dieser medialen trügerischen, verdrehten Scheinwelt, in der jeder in egozentrisch - neurotischer Weise um sich selber kreist, nur eine Nebenrolle. Selbst unsere Reaktionen auf
unterernährte Körper werden finanziell ausgeschlachtet. Das geschieht in Form von magersüchtigen und kokainsüchtigen Spitzenmodells. Hunger wird sogar als begehrenswert dargestellt.
Wie seinen Körper lieben, wenn uns das von klein auf verboten wurde, wir in unserem Ausdruck schon immer behindert wurden? Wann spüren wir uns schon mal richtig, obwohl wir nicht hungern und uns gut fühlen könnten? Wer weiss schon, wie sich Hunger anfühlt, wie schrecklich es sein muss, zu hungern und zu verhungern. Allein genug zu essen zu haben müsste Mensch dann schon in einen Zustand grossen Glücks versetzen.
Geistige Spielereien, so wie ich es hier mache, Höflichkeiten, Stil gutes Benehmen, wohlgemeinte Vorsätze, ein aufgesetztes sympathisches Erscheinungsbild werden als bedeutungsvoll aufgefasst, gelobt und belohnt. Das geschieht alles auf einer unbewussten Ebene, die eng mit unserer individuellen Lebensgeschichte, mit unserer Erziehung und Sozialisation in einer christich - kapitalistisch geprägten Gesellschaft zusammenhängt.Erst auf einer "tieferen" transpersonalen Ebene des kollektiven Unterbewusstseins erkennen wir den tiefen Schmerz, der
sich durch die Menschheit zieht.
Schmerz, sei es physisch oder psychisch führt uns zu unserem verdrängten Kern, zu unmittelbarer Wahrnehmung. Eine
schmerzende Seele lässt uns klarer sehen und wir spüren das Leid auch körperlich, ein schmerzender und/ oder unterernährter Körper schärft unsere Wahrnehmung.
Erst wenn ich mich und die Welt ganz sehe, so wie sie ist, kann ich mich auch freuen. Lachen und Weinen, Tränen und Freude hängen nahe zusammen. Das Problem der Armut und des Hungers sollte schon allein für die eigene Evolution und erst recht für die Evolution der Menschheit ganz vorne stehen. Wer das so sieht, tut sich auch selber einen grossen
Gefallen damit.
Ich habe nach dem Lesen der Diskussionsbeiträge den Text nochmal überarbeitet und einiges hinzugefügt, danke allen für die Inspiration.
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