"Positiv Denken" macht krank -
vom Schwindel mit gefährlichen Erfolgsversprechen
Vortrag von Dr. Günter Scheich, Oelde D
anlässlich der Tagung vom 13./14. November 1998 mit dem Thema "Psycho: Therapien zwischen Seriosität, Scharlatanerie und Ausbeutung" in Zürich (abgedruckt im infoSekta-Tätigkeitsbericht 1998, S. 19-24)
Positives Denken ist ein allgemeineres, breiteres Thema als Psychokurse und Persönlichkeitsseminare - jeder einzelne Mensch kann das Positive Denken für sich reklamieren. Und auf den ersten Blick scheint es auch einleuchtend, dass Positives Denken hilfreich und richtig ist.
Wenn ich heute einen Vortrag zu diesem Thema halte, denken sicher viele von Ihnen: Wie kommt man überhaupt dazu, solch einen provokativen Titel zu formulieren? Denn im Grunde schafft man sich damit ja keine Sympathien und wird auch keinen Bestseller landen, weil man gegen den Trend Stellung bezieht.
1. Ich möchte daher erstens eine Definition von Positivem Denken geben, wie ich es verstehe und kritisiere.
2. Zweitens möchte ich auf die Autoren und Anbieter wie beispielsweise das weltweit bekannte Carnegie-Institut zu sprechen kommen.
3. Drittens möchte ich Ihnen die Wirklichkeit des Positiven Denkens darstellen - diese sieht nämlich häufig ganz anders aus.
4. Viertens möchte ich Ihnen aufzeigen, warum es unmöglich ist, dass die Wirkung des Positiven Denkens, so wie sie propagiert wird, tatsächlich eintritt.
5. Fünftens möchte ich ausführen, was wir an Selbsthilfe tun können, ohne banalen Ratschlägen oder den Vorgaben eines Gurus zu folgen.
6. Und sechstens möchte ich darauf zu sprechen kommen, warum der Markt des Positiven Denkens derart erfolgreich ist: das Buch von Carnegie rangiert seit über 20 Jahren in Deutschland auf der Bestsellerliste.
1. Was ist Positives Denken?
Positives Denken, wie ich es kritisiere, meint das zwanghafte, aufgesetzte, verkrampfte Positive Denken: "Denk 'immer positiv! Egal, was kommt. Egal, in welcher Verfassung du bist. Egal, wie die Umweltbedingungen aussehen!" Vermittelt wird dies durch Suggestion und "schmalspurpsychologische" Tricks. Wohlgemerkt bin ich nicht gegen einen gesunden Optimismus, der sich aus bestimmten Fähigkeiten eines Menschen oder bestimmten Umweltbedingungen ergibt, sondern gegen dieses zwanghafte, einhämmernde Positive Denken. In der einschlägigen Literatur wird von Anfang bis Ende in ständiger Wiederholung den Lesern eingehämmert, dass es dem Menschen grundsätzlich schlecht geht. Dann folgt das Erweckungserlebnis durch einen "Guru" des Positiven Denkens. Darauf hin denke ich positiv, weil ich dazu in der richtigen Weise angeleitet wurde. Und auf einmal funktioniert alles. Süffige Beispiele sollen die Richtigkeit dieser Erfahrung betonen.
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http://www.infosekta.ch/is5/themen/p...heich1999.html