Ich hab neulich Bushidos Biografie gelesen und mir ist dabei eine interessante Anekdote aufgefallen.
Er hat ein Kapitel in seinem Buch namens "Der 11. September".
In dem Kapitel geht es um einen Song der ürsprünglich auf seinem album "Von der Skyline zum Bordstein zurück" von 2006 erscheinen sollte.
Hier eine Zusammenfassung der Aussagen:
Der Song "11. September" war auf einem der ersten Demos zum Album.
Im Sommer 2006 spielte Bushido den Song seinem A&R bei Universal, Neffi, vor.
Neffi war zwar nicht begeistert von dem Song, beanstandete ihn allerdings auch nicht.
Einige Wochen später war das Album fast fertig.
Neffi rief Bushido an und sagte Tom Bohne, Marketingchef von Universal,
wolle sich mit ihm treffen um sich gemeinsam das Album anzuhören.
Bushido fand das anscheinend etwas ungewöhnlich, sagte aber zu.
Bushido über das Treffen:
Zitat:
Wir hörten die ersten zehn
Songs, alles schien in Ordnung, bis 11. September dran war. Toms
Verhalten ließ mich vermuten, dass er den Song schon kannte und er
mich eigentlich nur deshalb hatte sprechen wollen. Doch er versuchte,
mich in dem Glauben zu lassen, alles würde nur ganz zufällig
geschehen. Nun gut. Tom hörte den Song und schaute mich entsetzt
an. Er hatte den Gesichtsausdruck bestimmt vorher am Spiegel
geübt. Dann drückte er auf die Stopptaste seines CD-Players. Er war
der Ansicht, der Song müsse runter.
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Bushido war allerdings der Meinung der Song gehöre unbedingt auf sein Album.
Er sagt das Universal den Song bereits seit Wochen kannte
und war überrascht das der Song erst jetzt beanstandet wurde.
Bushido daraufhin zu Tom Bohne:
Zitat:
Leute, ich kann schon verstehen, dass der Song bei gewissen Personen
für Aufsehen sorgen wird, aber wenn ihr wollt, dass ich mich in
meiner künstlerischen Freiheit einschränken lasse, dann müsst ihr
mir gute Argumente bringen. Ich habe diesen Song ja aus einem
bestimmten Grund geschrieben und er bedeutet mir etwas.
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Laut Bushido druckste Tom dann herum.
Er sagte das der gesamte Inhalt des Textes schwierig sei,
die Presse würde es nur in den falschen Hals bekommen
und das Thema sei generell einfach zu sensibel.
Bushido zu Tom Bohne:
Zitat:
Tom, ich weiß das alles selbst. Stell dir vor, auch ich schaue Nachrichten.
Wie gesagt, ich möchte konkrete Argumente hören.
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Tom Bohne führte dazu als Argument eine Textzeile aus dem Song an
und sagte diese sei mehr als zweideutig und sehr gewagt.
Bushido im Song "11. September":
Zitat:
Ich bin King Bushido, zweiter Name Mohamed.
Ich habe einen Flächenbrand über deine Stadt gelegt
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Man sollte bei dieser Textzeile allerdings anmerken das Bushido echter Name Anis Mohamed Youssef Ferchichi ist.
Er heisst also wirklich mit zweitem Namen Mohamed.
Als Bushido Tom darauf aufmerksam machte,
ihm Zensur vorwarf und fragte, ob Tom glaube, das Leute die Zeile auf Mohammed Ata beziehen würden,
nickte Tom zustimmend.
Bushido zu Tom Bohne:
Zitat:
Aber was habe ich mit einem Terroristen zu tun, der den Anschlag
auf das World Trade Center organisiert hat? Ihr wollt mich also einfach
dafür verurteilen, dass ich mit zweitem Vornamen Mohamed
heiße?
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Tom Bohne verneinte, baharrte aber trotzdem darauf,
das der Name im Kontext der Textes irreführend sei und Universal damit nichts zu tun haben wolle.
Bushido weigerte sich allerdings den Song vom Album zu nehmen.
Bushido zu Tom Bohne:
Zitat:
Ich habe nie gesagt, dass ich Mohammed Ata als Terroristen
cool finde und werde so etwas auch nie sagen. Wenn andere
Leute daraus ihre Schlüsse ziehen, ist das nicht mein Problem. Hätte
ich immer darauf geachtet, was andere von mir halten könnten,
würde ich jetzt gar nicht hier sitzen, denn dann hättet ihr mich niemals
unter Vertrag genommen. Entweder ihr akzeptiert meine Musik,
so wie sie ist, oder ihr habt ein Problem. Wenn ihr sonst keine Argumente
habt, dann bleibt der Song auf dem Album. Basta!
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Das Meeting war daraufhin beendet. (Die restlichen Songs vom Album wurden nicht mehr angehört)
Daraufhin herrschte 3 Wochen Funkstille zwischen Bushido und Universal.
Das Album war zu diesem Zeitpunkt schon komplett aufgenommen und abgemischt.
Eines Tages rief Neffi Bushido dann um 11 Uhr morgens an.
Neffi sagte kurz Hallo und reichte den Hörer direkt an Tom Bohne weiter.
Tom Bohne erklärte Bushido daraufhin die Polizei in London habe einen Anschlag in letzter Sekunde vereitelt.
Mehrere Araber hätten den größten Anschlag seit 9/11 geplant.
Bushido in seiner Biografie:
Zitat:
Häh? Was für einen Anschlag und was hatte ich damit zu tun?
»Ich wusste gar nicht, dass du ein Anti-Terror-Experte bist«, meinte
ich aus Spaß. Seine Geschichte kam mir so vor, als hätte er in der
Bild-Zeitung was Krasses gelesen und er mir jetzt davon erzählen
wollte.
Aber Tom wurde extrem ernst und signalisierte in eindeutigen Worten,
dass er keinen Spaß machte.
»Und jetzt? Was willst du von mir?«, fragte ich.
Toms Antwort gefiel mir ganz und gar nicht. Mein Song sei kein
Thema mehr. Universal würde ihn unter gar keinen Umständen veröffentlichen.
Keine Diskussion. Fuck.
»Du bist vielleicht witzig!«, meinte ich noch. Mir fiel nämlich ein,
dass das Album bereits im Presswerk war. Doch auch das Argument
war ihm egal.
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Tom Bohne gab Bushido deutlich zu verstehen das Universal das Album
mit dem Song nicht veröffentlichen würde.
Bushido zu Tom Bohne:
Zitat:
Alles klar, dann kommt das Album eben nicht raus!
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Bushido schaltete auf stur.
Universal zog daraufhin alle Register.
Bushidos Anwalt wurde pausenlos von Neffi angerufen und ihm wurde nahegelegt er solle Bushido doch umstimmen.
Viele Leute aus Bushidos Umfeld redeten pötzlich auf ihn ein,
er solle doch nicht wegen einem Song die Veröffentlichung seines ganzen Albums gefährden.
Doch Bushido ließ sich nicht umstimmen.
Die Verhandlungen zwischen Bushidos Anwalt und Universal verliefen mehrere Wochen ohne Ergebnis.
Eines Tages teilte Bushido seinem Anwalt mit er wolle Universal ein Angebot unterbreiten:
Der Song kommt runter vom Album, das Album wird veröffentlicht
und die Option auf ein weiteres Album, aus dem Vertrag zwischen Bushido und Universal, wird als Gegenleistung gestrichen.
Bushidos Anwalt zu dem Vorschlag:
Zitat:
Bushido, das werden sie nicht machen. Das würde ja bedeuten, dass
sie mehrere hunderttausend Euro in den Wind blasen.
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Universal nahm dieses Angebot tatsächlich an.
Den Song nicht zu veröffentlichen war ihnen wichtiger als vorraussichtlich mehrere hunderttausend Euro.
Bushido ist immerhin einer der kommerziell erfolgreichsten Rapper Deutschlands.
Moralische Motive waren Universal (einem der großen Major-Labels im Musikgeschäft) angeblich wichtiger als Profit?
Für mich erweckt es den Anschein als kam die Anweisung von ganz oben.
Die Sache wurde wohl nicht nur aus Zufall zur Chefsache für den Marketingchef von Universal erklärt.
Was meint ihr dazu?
Zufall oder Anweisung von oben?