Geldordnungs-Thread für Neueinsteiger & zukünftige Exper

[New World Disorder]

Hallo Jimjune, hier noch eine Erläuterung zum letzten Absatz:

Der Staat nimmt neue Kredite auf , um neue Projekte zu finanzieren und alte Kredite abzubezahlen (und um die Alternativlösungen: Steuererhöhungen und Ausgabensenkungen und damit auch politische Konflikte in Grenzen zu halten, obwohl, das scheint ja in letzter Zeit immer weniger beachtet zu werden, siehe Hartz 4, Mehrwertsteuererhöhung...). Die Verschuldung des Staates steigt insgesamt, im Verhältnis zu den jährlichen Einnahmen (aus Steuern) und auch im Verhältnis zum Bruttosozialprodukt (der Geldwert der innerhalb eines Jahres in einem Staat inklusive Steuern erwirtschaftet wird). Die Staatsverschuldung der BRD stieg von 1970 bis 1995 von 50 auf 800 Milliarden DM (S. 106).
Mit steigender Verschuldung nehmen auch die Zinslasten des Staates zu, wieder nicht nur insgesamt, sondern auch im Verhältnis zum Staatshaushalt. Die Staatsschulden steigen schneller an als die Einnahmen des Staates, das gleiche gilt für die Zinsen. Es ist kein Ende abzusehen.
Hat jemand neuere Werte für die Entwicklung der Staatsschulden und Zinslasten der BRD?

Für Verbesserungen und Ergänzungen wäre ich dankbar.

Ich hoffe, dir sind die Zusammenhänge klarer geworden, besonders, warum Kredite was anderes als eine gerecht entlohnte Dienstleistung sind und wie der Zeitfaktor sich in der Realität auswirkt, Schöne Grüsse und denk dran, Zeit ist Geld (besonders für die oberen 10000), Alex

[jimjune]

hi alex !

super, vielen dank für deine hinweise.
habe mir daraufhin erstmal die beiden bücher der nebel ums geld und die blinden flecken der ökonomie von bernd senf bestellt.
( die lese ich mir durch und haue dann damit meinem vwl-kumpel auf'n kopp. )
das klingt alles so irre, daß man am liebsten gleich morgen auf die straße gehen will, um eine revolution anzuzetteln.
das schlimme ist, daß kaum einer mitmachen wird, weil es den meisten immer noch zu gut geht.

wünsche dir trotzdem einen schönen mittwoch.
viele grüße,
jimjune

[New World Disorder]

Noch ein Nachschlag (von den Zentralbanken und den Geschäftsbanken): Die Schuldenzinslasten der BRD sind von 1970 von ca 8 Milliarden Euro auf ca. 64 Milliarden Euro im Jahr 1990 gestiegen ( aus Diagramm S. 107). Auch hier wären aktuelle Zahlen interessant, vielleicht guck ich mal selber im Internet nach...
Und dann gab es Anfang der 30er Jahre noch das Freigeldexperiment von Wörgl (Österrreich), wo während einer Deflation und Massenarbeitslosigkeit ein weitgehend zinsfreies Zahlungsmittel eingeführt wurde, mit Umlaufsicherung.
Wer Geld einen Monat oder länger gehortet hatte, musste draufzahlen.
Ergebnis: Es ging wirtschaftlich wieder bergauf und die Arbeitslosigkeit verringerte sich um 25%. Wegen des grossen Erfolges zwang die österreichische Zentralbank die Gemeinde Wörgl das Experiment zu beenden.

[Enrico]

Kennt eigentlich wer ein Land/Region welche ein funktionierendes Geldsystem hat? So das man mal jemandem sagen kann: „Hey sieh nach ..., so geht's“

[Masterofeye]

Hier findest du alle http://www.regiogeld.de/

[Enrico]

Sorry war wohl etwas missverständlich, ich meinte offizielle Währungen irgendwelcher Länder.

[New World Disorder]

Hallo Nicolas, ich hab mir das Video nochmal angeschaut und bis zur 38. Minute habe ich den Vortrag verstanden (juchhu) ,dann bin ich etwas ins schwimmen gekommen. Ich wiederhole und frage ob es stimmt:

Schöpfung von Giralgeld durch die Geschäftsbanken:

Kunden nehmen Kredite bei einer Geschäftsbank auf, die schreibt ihnen das Geld auf ihren Konten gut und die Kunden investieren in ihren Firmen und überweisen das Geld auf Konten von anderen Firmen, die ihnen z. B. neue Maschinen oder LKWs liefern.
Auf der Aktivseite (Mittelverwendung) der Bankbilanz erscheint die verliehene Summe + Zinsen unter "Forderungen an Kunden". Das Geld entsteht als Forderung der Geschäftsbank an Kunden.

Auf der Passivseite erscheint die Summe der verliehenen Gelder + Zinsen als "Eigenkapital?" und es wird Kreditgebern als Guthaben auf ihre Girokonten? gebucht, zumindest läuft es darauf hinaus, dass die Bank im plus ist und den
Kreditgebern das Gefühl geben kann, dass sie genug Reserven hat. Das von der Geschäftbank geschöpfte Geld besteht als Kredit von Kunden an die Geschäftsbank.

Eigentlich ist das von den Kunden (oder der Zentralbank?) an die Geschäftsbank geliehene Geld schon lange vor den gerade beschriebenen Transaktionen wieder verliehen worden und sogar noch viel mehr und die Bank wäre längst Pleite, aber mittels Bilanzverlängerung kann sie das Spielchen beliebig oft wiederholen, solange sie den Mindestreservesatz auf ihren Konto bei der Zentralbank hat oder ihre Überschussreserve gross genug ist. Dabei hat der Mindestreservesatz heutzutage (2% der Einlagen einer Geschäftsbank) als Geldpolitische Steuerung an Bedeutung verloren.

Was passiert wenn die Firmen, die sich Geld von der Bank geliehen haben, den
Kredit + Zinsen wieder zurücküberweisen? Auf der Aktivseite wird der Posten gestrichen, weil das Geld ja wieder da ist, kanns ja nicht mehr unter "Forderungen an Kunden" aufgelistet werden. Auf der Passivseite wird der Posten genauso weggestrichen. Die Bank muss also wieder neue Kredite
vergeben, damit die Guthaben ihrer Girokonteninhalber wenigstens scheinbar gedeckt sind.

Indem die Unternehmer ihre Kredite + Zinsen bei der Geschäftsbank zurückzahlen, vernichten sie das von der GB geschöpfte Geld, genauso wie die das von der Zentralbank an die GB geliehene Buchgeld vernichtet wird, wenn die GB ihre Wertpapiere bei der Zentralbank auslöst, indem sie das geliehene
Buchgeld + Zinsen wieder zurückzahlt. Das Geld ist dann dem Wirtschaftskreislauf entzogen worden.

Ich hab noch ein paar Fragen, aber das reicht erstmal, es ist ja auch schon spät und das wichtigste hab ich grad zusammengefasst.

Ich habe mich schon mit Politik, Sozialwissenschaft und ähnlichem beschäftigt
und es ist schon krass, was ich gelernt habe, aber wie mit dem Geld gewirtschaftet wird, ist der absolute Hammer. Eigentlich ist es unlogisch, erst möchte man es nicht verstehen, weil man denkt, dass es nicht so sein kann und darf. Es sind eigentlich doofe Zaubertricks, aber kompliziert genug, um
die Wirklichkeit zu verschleiern.
Ich fühle mich an eine Situation aus meiner Kindheit erinnert, ich war vielleicht fünf Jahre alt und ein Freund gab mir eine Ostmark für zwei D-Mark, und das war viel Geld für mich und er sagte, die Ostmark wäre richtig viel Wert. Als mir meine Eltern dann erzählten, dass ich die D-Mark gegen Müll eingetauscht hatte, fing ich an zu weinen und wurde wütend. Aber meine Eltern haben mir das Taschengeld nicht nochmal ausgezahlt und mein Freund hat mir das Geld auch nicht zurückgetauscht.

Schöne Pfingsten, Alex

[New World Disorder]

Kunden nehmen Kredite bei einer Geschäftsbank auf, die schreibt ihnen das Geld auf ihren Konten gut

das ist natürlich quatsch, die Konten der Kunden, die ein Kredit bei einer Bank aufgenommen haben, stehen im Soll also minus.

Zum Staat mit einem alternativen Währungssystem, ich wüsste nicht, dass es solch einen Staat gibt oder je gegeben hat? Aber erfolgreiche Experimente gab und gibt es mit zinsfreiem Geld.

Die Schulden der BRD sind von umgerechnet ca 400 Milliarden Euro im Jahr 1995 auf über 1,5 Milliarden Euro im Jahr 2008 gestiegen. Von umgerechnet ca 30 Milliarden Euro im Jahr 1990 stiegen die jährlichen Zinslasten der BRD auf
64 Milliarden Euro im Jahr 2004.

[NicolasHofer]

Zitat von New World Disorder

Auf der Passivseite erscheint die Summe der verliehenen Gelder + Zinsen als "Eigenkapital?" und es wird Kreditgebern als Guthaben auf ihre Girokonten? gebucht, zumindest läuft es darauf hinaus, dass die Bank im plus ist und den Kreditgebern das Gefühl geben kann, dass sie genug Reserven hat. Das von der Geschäftbank geschöpfte Geld besteht als Kredit von Kunden an die Geschäftsbank.

Fast richtig. Das durch den Kredit neu geschöpfte Giralgeld wird dem Kunden als Sichtguthaben auf seinem Konto gutgeschrieben. Das Girokonto des Kunden ist also im "Plus", da es sich nicht um einen Dispo-Kredit handelt, sondern um ein Kreditgeschäft mit Unterschrift auf einem Papier, wenn man so will.
Das neu geschaffene Giralgeld taucht also nicht im Eigenkapital der Bank auf, sondern unter dem Posten "Sichteinlagen". Das neu entstandene Giralgeld gilt also von Sekunde 1 der Existenz an als "Bankeinlage". Als hätte jemand Bargeld zur Bank getragen. Rein buchungstechnisch ist Giralgeld, das durch Bareinzahlung nicht von Giralgeld, das durch Kreditvergabe entstanden ist zu unterscheiden. (vgl. "aktive" vs. "passive" Giralgeldschöpfung).

Zitat von New World Disorder

Eigentlich ist das von den Kunden (oder der Zentralbank?) an die Geschäftsbank geliehene Geld schon lange vor den gerade beschriebenen Transaktionen wieder verliehen worden und sogar noch viel mehr und die Bank wäre längst Pleite, aber mittels Bilanzverlängerung kann sie das Spielchen beliebig oft wiederholen, solange sie den Mindestreservesatz auf ihren Konto bei der Zentralbank hat oder ihre Überschussreserve gross genug ist. Dabei hat der Mindestreservesatz heutzutage (2% der Einlagen einer Geschäftsbank) als Geldpolitische Steuerung an Bedeutung verloren.

Ich glaube ich verstehe deine Forumlierung nicht so ganz.
Was meinst du mit "von den Kunden an die Geschäftsbank geliehenes Geld"?
Damit die Kunden der Geschäftsbank etwas "leihen" können, müssten sie ja Geld haben. Das aber kann nur durch Kreditvergabe bei einer Bank entstanden sein.

Zitat von New World Disorder

Was passiert wenn die Firmen, die sich Geld von der Bank geliehen haben, den Kredit + Zinsen wieder zurücküberweisen? Auf der Aktivseite wird der Posten gestrichen, weil das Geld ja wieder da ist, kanns ja nicht mehr unter "Forderungen an Kunden" aufgelistet werden.

Genau so ist es.

Zitat von New World Disorder

Auf der Passivseite wird der Posten genauso weggestrichen.

Es muss kaum etwas "weggestrichen" werden. Denn um die Tilgung + Zinszahlungen zu leisten benötigt der Schuldner ja Giralgeld auf seinem Girokonto. Mit jeder Tilgung "verschwindet" also Giralgeld auf der Passivseite der Bankbilanz und die Forderungsposition auf der Aktivseite verringert sich ebenfalls um diesen Betrag.
Das kommt logischerweise einer Bilanzverkürzung gleich - eine (Giral-)Geldvernichtung.

Zitat von New World Disorder

Die Bank muss also wieder neue Kredite vergeben, damit die Guthaben ihrer Girokonteninhalber wenigstens scheinbar gedeckt sind.

Die Bank muss immer wieder neue und höhere Kredite vergeben, damit die ausstehenden Kredite bezahlbar bleiben.

Zitat von New World Disorder

Indem die Unternehmer ihre Kredite + Zinsen bei der Geschäftsbank zurückzahlen, vernichten sie das von der GB geschöpfte Geld, genauso wie die das von der Zentralbank an die GB geliehene Buchgeld vernichtet wird, wenn die GB ihre Wertpapiere bei der Zentralbank auslöst, indem sie das geliehene Buchgeld + Zinsen wieder zurückzahlt. Das Geld ist dann dem Wirtschaftskreislauf entzogen worden.

So siehts aus. Es wird eine ständige (sich erhöhende) Verschuldung verlangt. Systembedingt.
Es funktioniert also beispielsweise nicht, dass alle Unternehmen, der Staat, etc. alle plötzlich keine Neuverschuldung mehr machen wollen ("ausgeglichener Haushalt"). Das geht einfach rein mathematisch nicht. Es wäre dann schlicht zu wenig Geld da.

Zitat von New World Disorder

das ist natürlich quatsch, die Konten der Kunden, die ein Kredit bei einer Bank aufgenommen haben, stehen im Soll also minus.

Siehe oben.
Man muss unterscheiden zwischen Dispo-Kredit und Bankkredit. Beim Dispokredit steht das (Giro-)Konto des Schuldners tatsächlich im "Minus". Und das (negative) Saldo dieses Kontos taucht dann in der Bilanz auch nicht mehr auf der Passiv-Seite, sondern auf der Aktiv-Seite unter den Forderungen auf.
Der Kunde, welche gerade einen Bankkredit bekommen hat steht insgesamt bei der Bank in der Kreide - im "Minus" wenn man so will. Aber sein Girokonto weist direkt nach der Kreditgewährung einen positiven Betrag aus, welcher als "Bankeinlage" gilt.
Mit einem negativen Kontostand nach der Kreditvergabe könnte ja das Haus, Auto oder was auch immer nicht gekauft werden.

Zitat von New World Disorder

Zum Staat mit einem alternativen Währungssystem, ich wüsste nicht, dass es solch einen Staat gibt oder je gegeben hat? Aber erfolgreiche Experimente gab und gibt es mit zinsfreiem Geld.

Es gab früher das Brakteatengeld, welches weiträumig eingesetzt wurde. Fisher hätte es beinahe geschafft Roosevelt von der Gesell'schen Freigeldwährung zu überzeugen. Hat aber offensichtlich nicht funktioniert. Naja, Roosevelt kam aus einer Bankiersfamilie...

[jimjune]

Zitat von Masterofeye

Stimmt nicht ganz ... Die beste Seite für Warez und Stuff aller art hat es wieder DEr Geist des Geldes auf Gulli.com

Der film soll aber in mässiger Quali vorhanden sein. Mal gucken

und zwar gibts ihn hier auf Nuoviso:
http://www.nuoviso.de/filmeDetail_geistdesgeldes.htm