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Alt 03.12.2008, 11:12
Talla Talla ist offline
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Registriert seit: 15.09.2008
Beiträge: 140
Standard Make-up für klinische Studien

Wer sich auf Ergebnisse veröffentlichter Studien verlässt, kennt nur die
halbe Wahrheit. Ein Viertel der Studien von bereits zugelassenen
Medikamenten ist auch nach fünf Jahren nicht publiziert. Berichtete
Ergebnisse weisen verdächtige Diskrepanzen zum Original auf.



Wird in den USA die Zulassung eines Medikaments begehrt, erfordert dies
die Beantragung bei der Food and Drug Administration (FDA) durch so
genannte New Drug Applications (NDAs). Diese enthalten u.a.
entsprechende Wirksamkeitsstudien. Ein Viertel der darin enthaltenen
Studien bekommt jedoch kein Mediziner je zu Gesicht, ergab eine
Untersuchung von Wissenschaftlern um Lisa Bero der Universität von
Kalifornien in San Francisco (PLoS Medicine 2008; 5: e217; doi
10.1371/journal.pmed.0050217). Offenbar sind deren Ergebnisse häufig
nicht gut genug, um veröffentlichungswürdig zu sein. In renommierten
Fachjournalen veröffentlichte Studienergebnisse sind dafür verändert und
geschönt.

Glaube keiner Studie…

Die Forscher hatten den Publikationsstatus von insgesamt 164
Wirksamkeitsstudien, die Inhalt von 33 freigegebenen NDAs waren,
untersucht. Nur 78 Prozent dieser Studien waren innerhalb von fünf
Jahren nach Einreichung bei der FDA publiziert worden. Der Vergleich von
Studienergebnissen, statistischer Signifikanz und Schlussfolgerungen der
Publikationen mit den Originalstudien der NDAs ergab allerdings
interessante Diskrepanzen. Von 43 in den NDAs berichteten primären
Endpunkten, die keinen signifikanten Nutzen einer Arznei nachweisen
konnten, fand sich nur knapp die Hälfte in Veröffentlichungen wieder. Von
den verbleibenden 23 Endpunkten unterschied sich bei fünf die statistische
Signifikanz von NDA und Veröffentlichung mit positiverer Darstellung des
Medikaments in der Veröffentlichung. Neun von 99 Schlussfolgerungen
klangen in veröffentlichten Studien anders und irgendwie schöner als im Original.


…die du nicht selbst gefälscht hast


Publikationsbias, so das wissenschaftliche Wort für einen eigentlich
nichtwissenschaftlichen Sachverhalt, und selektive Berichterstattung
bedeuten, dass auf die zugängliche Fachliteratur kein Verlass ist, da sie
häufig unvollständig und fehlerhaft ist. Unterschlagung von Studien und
eine selektive Veröffentlichung von Ergebnissen wurden bereits bei vielen
Wirkstoffen bemängelt und z.B. unlängst für die Antidepressiva Prozac
und Paxil aufgedeckt (NEJM 2008; 358: 252-260). Der Sachverhalt ist
ähnlich: Ein Drittel von 74 FDA-registrierten Studien zum Erlangen der
Zulassung wurde nicht veröffentlicht. Die Veröffentlichung richtete sich
dabei offenbar nach dem Ergebnis. In den Publikationen hatten 60 Prozent
der Patienten mit antidepressiver Therapie eine Verbesserung der
Symptome erfahren, während dies nur 40 Prozent der Studienteilnehmer
mit Plazebobehandlung waren. Unter Berücksichtigung der weniger
positiven nicht veröffentlichten Studien indes sank der Nutzen der Antidepressiva.

Rosarote Brille auf Verordnung?

Kein Wunder: Bereits frühere Metaanalysen mit veröffentlichten Studien
zu Antidepressiva belegten keinen großen Nutzen. Eine realistischere
Darstellung von Ergebnissen gelang Irving Kirsch der Universität Hull in
England. Der Forscher bezog auch nicht veröffentlichte Zulassungsdaten
der FDA von vier Antidepressiva in eine Metaanalyse ein (PLoS Med 2008;
5: e45). Dies waren die Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI)
Fluoxetin und Paroxetin und die Serotonin-Noradrenalin-
Wiederaufnahmehemmer Venlafaxin. Die Analyse von 35 zugrunde
gelegten klinischen Studien mit über 5.000 Patienten ergab, dass eine
sechswöchige Therapie nur wenig wirksamer als eine Plazebobehandlung
war. Die beste Wirkung wurde bei Patienten mit schwerer Depression
erzielt, weshalb die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie
und Nervenheilkunde (DGPPN) vor dem Verzicht auf diese Medikamente
warnte.

Forderung: Mehr Transparenz

Wie sollen sich angesichts dieser Praktiken selbst die fortbildungswilligsten
Ärzte ein realistisches Bild über Arzneimittel machen und Patienten mit
dem wirksamsten Mittel behandeln? Wer kauft ein Produkt, geschweige
denn ein Medikament, dessen Nützlichkeit am Ende gar nicht belegt ist?
Mehr Transparenz fordert deshalb nicht nur der Editorialist An-Wen Chan
der Mayo Clinic in Rochester, Minnesota, in derselben Ausgabe der
Zeitschrift. Der nicht gerechtfertigte Einsatz von Medikamenten
verursache unnötige Kosten. Nachzudenken wäre vielleicht auch einmal
über das Thema Verantwortung - gegenüber Ärzten, Patienten und Studienteilnehmern.


Autor: Dr. Julia Hofmann, 28.11.2008



War ja schon lange klar, aber so ein Bericht von einer
Doktorin belegt dies dann -leider- auch
__________________
Unser Kopf ist rund, das sich unser Denken die
Richtung wechseln kann.
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