Zitat:
Zitat von Specht
Zitat aus der Leipziger Volkszeitung: "...Bundeswehr-Oberst Georg Klein, am 4. September ISAF-Kommandeur und Befehlsgeber für den Luftschlag auf zwei von Taliban entführte Tanklastzüge..."
Klein wird in dieser Zeitung aber auch von anderen Leuten als "Befehlsgeber" bezeichnet. Der Luftangriff soll von der US-Air-Force geflogen worden sein.
Ein deutscher Oberst dürfte keine Befehlsgewalt über die US-Luftwaffe in Afghanistan haben. Über die US-Luftwaffe in Deutschland auch nicht.
Die Entscheidung über den Angriff und der Befehl dazu wird vom zuständigen Offizier der US-Truppenverbände gefällt bzw. ausgegeben worden sein.
Ist dessen Name schon irgendwo mal genannt worden?
Im Gefechtseinsatz entscheiden die US-Piloten vielleicht auch selbstständig, aber sie stehen nicht unter deutschem Befehl.
Kann das jemand bestätigen oder hat andere Infos?
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Der Luftangriff
Am 3. September 2009 um 21.12 Uhr Ortszeit hatte ein afghanischer Informant dem Bundeswehr-Camp bei Kunduz gemeldet, dass Taliban an einer Fernstraße bei Aliabad einen amtlichen Kontrollpunkt vorgetäuscht und aus einem Versorgungskonvoi zwei Tanklaster gekapert hatten.
[2][1] Die Laster entfernten sich zunächst auf der Straße aus der Gegend des deutschen Lagers, verließen dann die Straße und blieben beim Versuch den Kunduz zu überqueren etwa vier Kilometer von der PRT-Operationszentrale der Bundeswehr entfernt in einer
Furt manövrierunfähig liegen.
[3] Die
Task Force 47 (TF47) der Bundeswehr nutzte zu dieser Zeit zur Aufklärung bereits einen US-Bomber vom Typ
B-1B, ausgerüstet mit
Sniper-ATP-Aufklärungsgerät.
Nach Eingang der Nachrichten des Informanten wurde vom Kommandeur des
PRT, Oberst Georg Klein, veranlasst, das Aufklärungsflugzeug mit der Suche nach den LKWs zu beauftragen. Das Flugzeug übertrug etwa 90 Minuten später (gegen Mitternacht) seine Aufnahmen live an den Kommandostand der
Task Force 47. Oberst Klein wurde zu diesem Zeitpunkt wieder in den Kommandostand gerufen. Für ihn führte ein Fliegerleitoffizier (
Forward Air Controller, FAC) den Funkverkehr, es handelte sich hierbei um einen Oberfeldwebel der
Luftlandebrigade 26 mit dem
Funkrufnamen Red Baron 20[4]. Oberst Klein war entgegen erster Presseberichte
[5] nicht Kommandeur der TF47, die zu einem Teil aus
KSK-Soldaten bestand, sondern war als Kommandeur des Wiederaufbauteams (PRT) Kunduz regelmäßig auf die Zusammenarbeit mit ihr angewiesen. Die Task Force 47 untersteht dem deutschen
Kommando Führung Spezielle Operationen und dem ISAF-Hauptquartier Spezialkräfte.
[6] Das Flugzeug musste mangels Treibstoffs zurück zu seiner Einheit.
Etwa 50 Minuten später fragte
Red Baron erneut bei der NATO-Luftzentrale nach Luftunterstützung und bestätigte auf Nachfrage, es bestehe Feindkontakt, obwohl sich laut verschiedener später vorgelegter Berichte keine NATO-Soldaten oder afghanische Kräfte in unmittelbarer Nähe der beiden Tankfahrzeuge befanden. Zwei
F-15E-Kampfflugzeuge trafen daraufhin über dem Einsatzgebiet ein. Sie lieferten den Deutschen erneut Live-Bilder vom Einsatzort. Eines der Besatzungsmitglieder meldete ausdrücklich, es gebe keine deutschen oder afghanischen Truppen in der Nähe der Tankwagen. Als eines der Besatzungsmitglieder die Deutschen um weitere Aufklärung der Lage bat, lehnte dies
Red Baron ab und gab den Befehl seines Vorgesetzten Klein zum Abwurf von Bomben durch. Die Bomben sollten auf ausdrücklichen deutschen Wunsch zwischen die Tanklastwagen, wo sich viele Personen aufhielten, platziert werden. Die fünfmalige Nachfrage der Besatzungsmitglieder, ob die Personen an den Tanklastern vor der Bombardierung durch einen Tiefflug vertrieben werden sollten, wurde von den Deutschen abgelehnt.
[7] Auf die Frage eines Besatzungsmitgliedes, ob die Personen um die Tankfahrzeuge eine „unmittelbare Bedrohung“ darstellten, wurde das von
Red Baron - erneut eine umstrittene Aussage - bestätigt. Damit war die Bombardierung nach den
ISAF-Regeln für die Bomberbesatzung legitimiert.
[1] Der Fliegerleitoffizier
Red Baron forderte den Einsatz von sechs Bomben. Dem widersprachen die Besatzungsmitglieder, die einen Abwurf von zwei Bomben als ausreichend ansahen.
[7] [8] Letztendlich warfen die beiden Besatzungsmitglieder am 4. September 2009, 1.49 Uhr Ortszeit zwei Bomben des Typs
GBU-38 ab, machten einen Überflug, meldeten 56 Tote und drehten in Richtung auf ihre Einsatzbasis ab.
Am 3. Dezember 2009 gab Verteidigungsminister zu Guttenberg vor dem Bundestag die angekündigte Neubewertung ab.
[49] Er behielt sich das Ergebnis der damals bereits laufenden militärischen und gerichtlichen Verfahren und eines von der Opposition geforderten Untersuchungsausschusses nicht vor. Stattdessen erklärte er, nach Einsicht in alle Unterlagen müsse er sich nun korrigieren und festhalten, dass der Luftangriff „militärisch
nicht angemessen“ gewesen sei. Der ehemalige Bundeswehr-Generalinspekteur
Harald Kujat kritisierte daraufhin: „Es genügt nicht zu sagen, das war militärisch angemessen oder unangemessen“.
[58]
Zu den Grenzen des deutschen Afghanistaneinsatzes durch das
Grundgesetz (GG) hatte
Helmut Schmidt 2008 beim Gelöbnis von
Rekruten vor dem
Reichstagsgebäude betont: "Wenn wir heutzutage an militärischen Eingriffen in Afghanistan uns beteiligen, dann geschieht es in Übereinstimmung mit unserem Grundgesetz (...) Auch künftig werden Bundestag und Bundesregierung unsere Streitkräfte nur im Gehorsam gegen das Grundgesetz und nur im Gehorsam gegen das
Völkerrecht einsetzen".
[59],
[60] Art. 2 Abs. 2 GG verpflichtet deutsche Soldaten einschließlich der Mitglieder des KSK auch in Afghanistan, Unbeteiligte bzw. Zivilisten bei Anwendung militärischer Gewalt so weit als möglich weder zu verletzen noch zu töten. Dabei sind den deutschen Soldaten im Rahmen des ISAF-Mandats zur Umsetzung der Resolution des UN-Sicherheitsrates vom 21. Dezember 2001 „alle erforderlichen Maßnahmen einschließlich der Anwendung militärischer Gewalt“ erlaubt. Nach Auffassung des Verteidigungsministeriums haben sich die Soldaten dabei an die Vorgaben des humanitären Völkerrechts und des II. Zusatzprotokolls zu den
Genfer Konventionen zu halten. Für die Beurteilung des Luftangriffs sei von Bedeutung, dass nichtstaatliche organisierte Gruppen den Schutz als Zivilpersonen verlieren „sofern und
solange sie unmittelbar an den Feindseligkeiten teilnehmen“.
[61]. Allerdings ist in der Praxis die Unterscheidung von einerseits Unbeteiligten bzw. Zivilisten und andererseits „Aufständischen“ (INS, Insurgents), feindlichen Kräften (OMF, opposing militant forces, auch opposing military forces), Taliban, AlQaida-Kräften bzw. schlichtweg „Terroristen“ schwierig, wenn nicht unmöglich - worauf schon die Vielzahl der Begriffe hinweist. So schilderte General
Egon Ramms, Kommandeur des
Allied Joint Force Command Brunssum der Nato und damit der ISAF-Einsätze, dass
[62]: „lokale Bauern (...) in dem Augenblick, wo sie beispielsweise landwirtschaftliche Aufgaben zu erfüllen haben, mit der Familie beschäftigt sind oder dergleichen mehr, legen sie ihre
AK 47 beiseite, um sie möglicherweise im nächsten Jahr nach der Drogensaison wieder rauszuholen und sich den Taliban erneut im Kampf anzuschließen.“ Konkret für den Bereich des Luftangriffs zitiert der Feldjägerbericht zuständige Vertreter der afghanischen Verwaltung: „Es ist schwierig, zwischen Taleban und Einheimischen zu unterscheiden. Wie sieht ein Taleban aus ? (...) Der Stamm Omar Khel ist selbst das Problem. Ca. 80 Prozent der Stammesangehörigen gehören zu den INS (...) Auch die Kinder / Heranwachsenden unter den Verletzten waren keine Unbeteiligten.“ Am 18. Dezember 2009 erklärten
Ernst-Reinhard Beck, verteidigungspolitischer Sprecher der Unionsfraktion, und
Hans-Peter Uhl, innenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion, das Grundgesetz müsse geändert werden, da darin bisher die „veränderten Realitäten des 21. Jahrhunderts“ wie die
asymmetrische Bedrohung in Afghanistan nicht berücksichtigt sei. „Wir sind rechtlich, mental und politisch nicht aufgestellt für kriegerische Handlungen. Wir wollen die pazifistischsten
Pazifisten sein. Das geht nicht.“
Quelle:
http://de.wikipedia.org/wiki/Luftangriff_bei_Kunduz