Ein Brief von Herrn Tauss, kopiert von seiner HP Tauss.de
Sehr geehrte Damen und Herren der Redaktion "Report Mainz",,
wie schon telefonisch angedeutet möchte ich anmerken, dass mich Ihre Anfrage nicht wirklich überrascht. Ihnen liegt offenbar die Anklageschrift vor. Dies erstaunt mich nicht mehr und damit war auch zu rechnen, nachdem die Staatsanwaltschaft den Immunitätsausschuss bemüht hat. Auch das wäre so kurz vor dem automatischen Ende meiner Immunität nicht unbedingt nötig gewesen.
Aber nun zu Ihren detaillierten Fragen aus der Anklageschrift:
>Für die Staatsanwaltschaft spricht u.a. der Fundort der DVDs und des Handys mit dem illegalen Material für eine private Nutzung.
Es handelt sich um meine Berliner Dienstwohnung. Welche Rückschlüsse die Auffindeorte zulassen, überlasse ich getrost ggf. einem Richter. Diese Indizien sind durchaus ambivalent.
>Auch die Tatsache, dass fast ausschließlich männliche Kinder und Jugendliche auf den Bildern und Videos zu sehen waren >sowie die Tatsache, dass sich in einem Ihrer Koffer legale Erwachsenen-Pornografie aus der Homosexuellenszene befand, spricht laut Staatsanwaltschaft für eine entsprechende private Neigung.
Meine Recherchen haben mit Telefon-Hotlines begonnen. Nur auf einer homosexuellen Hotline ist der "ausbaufähige" Einstieg gelungen, nicht im Hetero-Bereich. Der Einstieg zum Tausch erfolgt regelmäßig über Erwachsenenmaterial. Hierüber habe ich mehrfach und auch presseöffentlich berichtet.
>Nach mehreren Zeugenaussagen früherer Tauschpartner sollen Sie gezielt nach Bildern und Videos mit männlichen Kindern und Jugendlichen verlangt haben.
Das Verlangen wurde eher auf deren Seite formuliert. Der Zeuge "Sascha" hatte z.B. gar kein anderes Material und auch nur solches vertrieben und herstellen lassen. Mädchen wollte er ausdrücklich nicht
>Dies stehe im Widerspruch zur Aussage, dass es um eine allgemeine Recherche ging, die zeigen sollte, dass Post und MMS als Vertriebswege gegenüber dem Internet an Bedeutung gewinnen.
Das Argument ist zwar nachvollziehbar, denn das Ergebnis ist in diesem Sinne einseitig. Aber das liegt an den Voraussetzungen. Die Staatsanwaltschaft wollte mich übrigens zu vermeintlichen Widersprüchen noch befragen. Ihre Frage, die ja eigentlich interessant ist, wurde jedoch nie gestellt. Das gesamte Verfahren leidet leider darunter, dass Vermutungen ohne weitere Nachfrage als Verdacht formuliert worden sind. Und dies auch immer wieder öffentlich, wie Ihre Anfrage zeigt.
>Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft haben Sie sich durch Widersprüche in Ihren Aussagen belastet. So sollen Sie zunächst während der Durchsuchung jegliche Verbindung zu Kinderpornografie geleugnet haben, erst spät hätten Sie über Ihre angebliche Recherche auf einer Pressekonferenz informiert.
Auch diese Behauptung ist glatt falsch. Vielmehr wurde ich mitten aus einer Sitzung im Deutschen Bundestag zum Thema Pornografie mit Kindern herausgeführt. Wir haben sogar über diese "Zufälligkeit" gesprochen. Über meine Darstellung der dienstlichen Recherche wurde bereits am Abend des 5. März in Fernsehnachrichten informiert. Ansonsten wollte nach dem Eklat mit der vorzeitigen Information der Medien aus der laufenden Hausdurchsuchung heraus der ermittelnde Kommissar an diesem Tag nur noch Angaben zur Person und eine Terminvereinbarung. Dann geschah aber tagelang nichts. Deshalb habe ich selbst am 11. März zu einem Pressegespräch eingeladen und dies dort wiederholt.
>Ihnen wird vorgeworfen, falsche Aussagen zur Dauer der angeblichen Recherche gemacht zu haben. Auch hätten Sie niemanden aus dem persön lichen oder beruflichen Umfeld eingeweiht.
Diese Abweichungen sind marginal und dem Umstand geschuldet, dass ich bei der Vernehmung ja nur ungefähre Angaben aus der Erinnerung machen konnte. Was Personen anlangt gibt es diese selbstverständlich. Merkwürdigerweise wurde bis heute weder von Polizei noch Staatsanwaltschaft nach solchen gefragt.
>Zudem sei die Erkenntnis, dass Kinderpornografie auch per Post oder MMS versandt wird, bei BKA und LKAslängst bekannt gewesen und von diesen auch schon 2006 publik gemacht worden.
Das stimmt ja, geht aber an Sache vorbei. Rechtspolitisch -- und darum geht es bei der Abgeordnetentätigkeit -- wurde vom BKA beispielsweise auch bei seiner Herbstagung 2007 stets nur das Internet ins Visier genommen. So wurde behauptet, es gebe frei zugängliches kinderpornografisches Web - Material im Internet, was dann im letzten Jahr auch z.B. zu einer Kampagne von UNICEF Deutschland führte. Im übrigen werden Ihnen einfache Recherchen zeigen, wie das BKA Öffentlichkeit und Parlament informiert (vgl. aktuell zur angeblich steigenden Gewaltbereitschaft
http://blog.beck.de/2009/09/20/zur-g...tische-debatte ). Ein Schelm, wer hinter solchen Statistiken keine Absicht vermutet!
>Da Sie nur mit wenigen Personen aus der Szene in Kontakt standen, sei es Ihnen dadurch sowieso nicht möglich gewesen zu fundierten Aussagen über die Bedeutung von Vertriebswegen zu gelangen.
Ich habe klar gesagt, wesentlich breiter recherchiert zu haben. Auch das hat die Ermittlungsbehörden aber nicht interessiert und auch nicht zu entsprechenden anderweitigen Ermittlungen geführt.
>Außerdem seien in ihrer Berliner Privatwohnung Bilder und Videos gef unden worden, die u.a. Oral- und Analverkehr sowie >andere sexuelle Handlungen mit Kindern und Jugendlichen zeigen, deren Alter von den Ermittlern teilweise nur auf 6 Jahre, in einem Fall sogar nur auf 1-2 Jahre, geschätzt wird. Dies steht im Widerspruch zu veröffentlichten Aussagen von Ihnen, es habe sich um vergleichweise harmloses Material gehandelt, das noch "vor einigen Jahren in Pornoshops leicht erhältlich" gewesen sei.
Zu keinem Zeitpunkt habe ich von "harmlosem Material" gesprochen. Ich kenne es noch nicht einmal im Detail, da ich das Material im Gegensatz zur Auffassung der Staatsanwaltschaft zu den betonten Zwecken, nicht aber zur sexuellen Befriedigung gebraucht oder benutzt habe. Auf jugendpornografisches Material traf der offene Verkauf bis vor kurzem zu, jedoch war auch schon damals illegales kinderpornografisches Material als "Bückware" wesentlich leichter als im Internet zu bekommen. Dies habe ich bei einer Veranstaltung in Hamburg zum Thema belegt und darüber auch öffentlich gesprochen.
Im übrigen weise ich doch darauf hin, dass die gefundenen "hunderte Bilder und Dutzende Videos" den Umfang von ca 35 MB hatten. Sollten Sie eigene Fotos und/oder Videos digital gespeichert haben empfehle ich einen Vergleich des tatsächlichen Umfangs.
Mit freundlichen Grüßen
Jörg Tauss